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Zypern: Insel der Zwietracht

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Die vergangene Woche zur vollendeten Tatsache gemachte Eigenstaatlichkeit des seit 1974 türkisch beherrschten Nordens der Inselrepublik Zypern hatte sich schon seit Monaten abgezeichnet. Eigentlich war sie schon immer das Fernziel des im Vergleich zu dem einstigen Vizepräsidenten von Makarios, Kücük, viel radikaleren zyperntürkischen Separatistenführers Rauf Denktasch.

Denktasch war es auch, der vor bald zehn Jahren nach dem Eingreifen des damaligen griechischen Militärregimes in Nikosia die Invasion türkischer Truppen herbeirief und die über ganz Zypern verstreute Viertelmillion Türken nördlich der quer durch die Insel laufenden Demarkationslinie sammelte. Bisher mußte er sich allerdings unter dem Schutz, aber auch am Gängelband der Panzer und Bajonette aus der Türkei mit einem weiter die Einheit der Insel respektierenden „Konföderierten Türkisch-Zy-pern“ begnügen.

Das wurde im vergangenen Mai anders, als die langjährigen Bemühungen von Präsident Spyros Kyprianou um blockfreie und neutrale - darunter auch Österreich — Unterstützung für die Wiedervereinigung der Republik Zypern bei den Vereinten Nationen mit einer klaren Verurteilung der türkischen Truppenpräsenz und ihrer Spaltungsbestrebungen fruchtbar wurden. Schon damals drohte Denktasch mit einseitiger Unabhängigkeitserklärung, die für den 10. Juni erwartet wurde.

Der jetzt von seinem zyperntürkischen Rumpfparlament im nördlichen Sektor der zweigeteilten Hauptstadt Nikosia aus regierende Staatschef hatte aber noch beträchtliche Widerstände im eigenen Lager zu überwinden. Sein erfolgreiches Hauptargument war, daß ein eigener Staat der islamischen Türken auf Zypern von der gesamten Muslimwelt und vor allem von den kapitalkräftigen Ölscheichs anerkannt und unterstützt würde.

Inzwischen muß aber „Außenminister“ Atakol eingestehen, daß er mit Ausnahme der schon aufgenommenen Beziehungen mit Bangladesch vorerst der Chef einer nicht existierenden Di-plomatie bleiben wird.

Die Entscheidung liegt so ziemlich bei Saudi-Arabien, dessen Beispiel die anderen islamischen Staaten folgen dürften. Griechenland, seit 1960 Schutzmacht der damals zur freien Republik gemachten britischen Kronkolonie Zypern, hat daher sofort seinen auf die Kooperation mit den Arabern spezialisierten Staatssekretär Papoulias zu König Fahd entsandt, um alle eng verflochtenen Wirtschaftsinteressen Saudi-Arabiens mit griechischen Firmen, Banken und Reedereien gegen eine Unterstützung für Denktasch in die Waagschale zu werfen.

So bleiben dem Staatshaushalt der Zyperntürken vorerst außer dem wenig einträglichen Export von Zitrusfrüchten und Zwiebeln nur jene 650 Millionen Schilling, die Ankara seinem Ableger auf der zur Insel der Zwietracht gewordenen Insel der Aphrodite für 1984 zuschießen wird.

Langfristig dürfte der einmal etablierte „Staat“ aber doch den Weg von Nordkorea, Nordvietnam oder der DDR zu seiner praktischen Akzeptierung und späteren Anerkennung gehen. Daran wird auch die begreifliche, aber wenig wirksame Erbitterung aller Griechen nichts mehr ändern können.

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