Angelo Sodano - © Foto: APA / AFP / Andreas Solaro

Angelo Sodano: Abschied des Chefdiplomaten im Vatikan

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Der langjährige Kardinalstaatssekretär und bis 2019 Dekan des Kardinalskollegiums ist 94-jährig verstorben.

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Der langjährige Kardinalstaatssekretär und bis 2019 Dekan des Kardinalskollegiums ist 94-jährig verstorben.

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Bei einem Requiem im Petersdom haben Papst Franziskus sowie zahlreiche Kardinäle, Bischöfe und Diplomaten am Dienstag von Angelo Sodano Abschied genommen. Der langjährige Kardinalstaatssekretär - und in dieser Funktion zweitwichtigste Mann im Vatikan - sowie Dekan des Kardinalkollegiums war am Freitag vergangener Woche im Alter von 94 Jahren in Rom an den Folgen einer Covid-19-Infektion gestorben.

Geboren am 23. November 1927 im norditalienischen Asti als Sohn eines Landbesitzers und langjährigen Abgeordneten der Christdemokraten, wurde Angelo Sodano 1950 zum Priester geweiht. Rasch schickte ihn sein Bischof zum Studium nach Rom, wo er bereits 1959 in den diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls eintrat. Sein Meisterstück lieferte Sodano als Päpstlicher Botschafter in Chile: 1978/79 half er, den Grenzstreit des Landes mit Argentinien tief im Süden beizulegen. In den Tagen des Mauerfalls in Europa war Sodano vatikanischer Außenminister, bevor ihn Johannes Paul II. 1991 zum Kardinalstaatssekretär ernannte.

In dieser Position war Angelo Sodano als Nachfolger des legendären Agostino Cesaroli fast 16 Jahre lang hinter Johannes Paul II. der zweite Mann im Vatikan. Mit den Verhältnissen im deutschen Sprachraum war Sodano vertraut. So soll er in der Auseinandersetzung um die Schwangerenkonfliktberatung der katholischen Kirche in Deutschland Ende der 1990er-Jahre für eine moderatere Linie des Vatikan plädiert haben, indem er im Frühjahr 1998 - anders als Kardinal Joseph Ratzinger - für eine gemäßigtere Fassung des Papstbriefes an die deutschen Bischöfe plädiert habe. Johannes Paul II. hatte die deutschen Bischöfe letztendlich aufgefordert, aus dem staatlichen System der Konfliktberatung für Schwangere auszusteigen.

In den letzten Monaten der Amtszeit von Johannes Paul II. (1978-2005) gehörte Sodano mit Kardinal Joseph Ratzinger und dem päpstlichen Privatsekretär Stanislaw Dziwisz zu jenen, die die katholische Kirche faktisch leiteten. Nach seiner Wahl zum Papst ernannte Benedikt XVI. Sodano im April 2005 erneut zum Kardinalstaatssekretär, bevor er im Herbst 2006 seinen eigenen langjährigen Vertrauten, Kardinal Tarcisio Bertone, zum zweiten Mann im Vatikan machte. Aber auch nach seinem Ausscheiden als Kardinalstaatssekretär behielt er als langjähriger Dekan des Kardinalskollegiums großen Einfluss in der römischen Kurie.

Obwohl das Verhältnis zwischen Benedikt und Sodano nie spannungsfrei gewesen war, hatte Sodano diesem als Kardinaldekan während der Vatileaks-Affäre öffentlich den Rücken gestärkt: „Heiliger Vater, das Volk Gottes ist mit dir und wird sich nicht vom Gerede der herrschenden Meinungen beeinflussen lassen“, erklärte er während der Ostermesse 2010.

Dass seine Wortwahl „Gerede“ als Anspielung auf die damals öffentlich gewordenen Beschuldigungen von Missbrauchsopfern interpretiert wurden, veranlasste den Vatikan zu erklären, Sodano habe nicht diese gemeint, sondern Mutmaßungen rund um Vatileaks. Gleichwohl tauchten 2011 sowie im Sommer 2018 erneut Vorwürfe auf, der langjährige mächtige Mann im Vatikan habe wiederholt versucht, eher die Kirche als Institution zu schützen, anstatt Opfern von Missbrauch zu helfen.

Zu seinem 92. Geburtstag im Dezember 2019 entband das Kardinalskollegium Sodano von der Aufgabe des Dekans und wählte stattdessen den früheren Leiter der Bischofskongregation Giovanni Battista Re zu seinem Leiter.

Sodano sei ein großzügiger Priester, sorgfältiger Mitarbeiter sowie „kirchlich disziplinierter“ Mann gewesen, hat Franziskus anlässlich des Todes von Angelo Sodano in einem Beileidstelegramm an dessen Schwester geschrieben. Er selbst habe von Sodanos „Geistes- und Herzensgaben“ profitieren können. (dh/Kathpress)

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