Feuerstein - © Foto: Wikipedia / David Pasek (gemeinfrei)

Günther Feuerstein: Für immer jung

19451960198020002020

Der Architekt Günther Feuerstein, geboren am 21. Oktober 1925, starb am 4. Dezember 2021 in Wien.

19451960198020002020

Der Architekt Günther Feuerstein, geboren am 21. Oktober 1925, starb am 4. Dezember 2021 in Wien.

Werbung
Werbung
Werbung

Günther Feuerstein war ein Freigeist und Katalysator für Ideen, wie es ihn nur einmal pro Jahrhundert gibt. Das mag plakativ klingen, muss deshalb nicht falsch sein – und passt zu ihm. Er hatte keine Scheu vor Übertreibung, Provokation und Witz. „Ein Stockerl mit drei Beinen wackelt nicht“, sagte er über sich. „Meine drei Beine sind das Bauen, das Lehren und das Schreiben. Ich habe viel gelehrt, viel geschrieben, das Bauen war für mich das Zentrale.“ Für andere nicht, was ihn betrübte. Feuerstein lebte im selbst geplanten Dachausbau zwischen Büchern, Reliquien, Kultgegenständen. Er war katholisch sozialisiert und hatte einen starken Hang zum Spirituellen, Archaischen und Unberechenbaren. Seine „Thesen zur Inzidenten Architektur“ (1958) sind eine Kampfansage an den Funktionalismus.

Feuerstein wurde am 21. Oktober 1925 geboren, er musste zur Wehrmacht. Als seine Truppe zerfiel, ging er zu Fuß in Zivil von Ferrara nach Wien. Er studierte an der TU Wien Architektur, wo er von 1961 bis 1968 am Institut von Karl Schwanzer lehrte. Er hielt keine Vorlesungen, er hielt „Klubseminare“ ab, zu denen er Künstlerfreunde wie Walter Pichler und Otto Mühl einlud. Gruppen wie Haus-Rucker-Co, Coop Himmelb(l)au, Missing Link und Zünd-Up formierten sich dort. Erstere präsentierten ihre aufblasbare „Villa Rosa“, Letztere forderten Professor Schwanzer zur Fahrt auf einer Harley-Davidson auf. Feuerstein ist Geburtshelfer des „Austrian Phenomenon“, der Architekturavantgarde von 1956 bis 1973. Er arbeitete viel interdisziplinär, lud in sein Atelier zum O.O. – Open Office, gründete mit der Pädagogin Maria Groh die Gruppe SP.A.S.S. – Spielaktionen und Soziales Service.

Seinen 95. Geburtstag feierte das Architekturzentrum Wien mit der Veranstaltung „SP.A.S.S. – Ein Abend mit Günther Feuerstein“. Der Jubilar mit dem schlohweißen Haar scherzte mit seinen einstigen Studenten Laurids Ortner (Haus-Rucker-Co) und Wolf D. Prix (Coop Himmelb(l)au), als ob wieder Klubseminar wäre, und präsentierte sein druckfrisches Buch: „Zeitzeuge“.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung