Menzel

Jiri Menzel gestorben: Ikone des tschechischen Films

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Zum Tod von Filmregisseur und Oscar-Preisträger Jiri Menzel.

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Zum Tod von Filmregisseur und Oscar-Preisträger Jiri Menzel.

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Sein Kollege Miloš Forman ging nach dem Ende des Prager Frühlings in die USA – und wurde in Hollywood weltberühmt. Jiří Menzel blieb hingegen in der Heimat und ließ sich vom Regime nicht unterkriegen – und blieb der typisch „tschechische“ Filmemacher, der etwa die literarische Tradition eines Jaroslav Hašek in den Film und in seine Zeitläufte rettete.

Am 5. September ist Menzel in Prag 82-jährig verstorben. In der Vorzeit des Prager Frühlings gehörte er zur jungen Erneuerergarde des tschechischen Films, seine Komödie „Liebe nach Fahrplan“ über die Macht eines böhmischen Fahrdienstleiters erhielt internationale Preise und 1968 auch den Auslands-Oscar. Analog den Schwejk- Geschichten aus der Habsburger-Monarchie erzählt der Film von der subversiv-absurden Auflehnung gegen die NS-Besatzung. Das Drehbuch stammte von Bohumil Hrabal (1914–97), dessen Romane fortan bestimmende literarische Vorlagen für Menzels Filme blieben.

Doch der Erfolg endete abrupt mit der Niederschlagung der Freiheitsbewegung – Menzels bereits fertiggestellter satirischer Film „Lerchen am Faden“ (wieder nach der Vorlage von Hrabal) wurde verboten und verschwand 20 Jahre in den Tresoren der Zensur. Erst 1990 war er im Westen zu sehen – und wurde mit dem Goldenen Bären bei der Berlinale ausgezeichnet. Menzel erhielt ab 1969 ein Berufsverbot als Filmemacher und verlegte sich aufs Theater als Regisseur und Schauspieler.


Nach der Wende fasste er langsam wieder Fuß im tschechischen Film, für die Verfilmung von Hrabals „Ich habe den englischen König bedient“ dauerte es aber ob langwieriger Rechtsstreitigkeiten, erst 2006 kam der letzte große Menzel-Film mit Julia Jentsch und Oldřich Kaiser in den Hauptrollen in die Kinos. Hierzulande ist Menzel auch mit seiner letzten Schauspielerrolle in der slowakisch-tschechisch-österreichischen Produktion „Dolmetscher“ berührend in Erinnerung, wo er den Nachfahren eines NS-Opfers spielt,


der auf den Sohn des NS-Täters (Peter Simonischek) trifft – eine „stellvertretende“ Begegnung der melancholisch-bitteren Art, wie sie dem Zeitgenossen Jiří Menzel auf den Leib geschrieben war.

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