Karl Pfeifer (1928-2023) - Karl Pfeifer (1928–2023): Österreicher, Jude, Flüchtling, Kibbuz-Arbeiter, Soldat, Heimkehrer, Journalist. - © APA / Hans Punz

Karl Pfeifer: Der Antisemitismus-„Aufblattler“

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Für Karl Pfeifer (1928-2023) waren Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit nicht nur Probleme der Politik oder der Justiz, sondern auch der Moral.

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Für Karl Pfeifer (1928-2023) waren Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit nicht nur Probleme der Politik oder der Justiz, sondern auch der Moral.

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Er war schon ein alter Herr, aber voll ewig junger Kampfeslust, als er am 1. Februar 2000 einen damals auch nicht mehr Jungen, aber Ewiggestrigen, wie man in Wien sagt, „aufblattelte“: Drei Tage vor der Angelobung der ersten schwarz-blauen Koalition fragte Karl Pfeifer bei einer Pressekonferenz Jörg Haider mit der ihm eigenen Stimmlage in der Art einer Sirene, ob und wie dieser denn die Nabelschnur, die ihn mit Antisemiten und Holocaustverharmlosern verbinde, kappen könne. Der Moment Stille, der Pfeifers Frage folgte, war beredter als Haiders Wortschwall, mit dem er die Präambel zur damaligen Regierungserklärung vorwegnahm, und sein Versprechen, für ein Österreich zu arbeiten, „in dem Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus keinen Platz finden“. Heute lässt sich sagen, dass es Karl Pfeifer war, der zeit seines Lebens, mit seiner ganzen Existenz für ein solches Österreich gearbeitet hat.

Im August 1928 als Sohn ungarischer Eltern in Baden bei Wien geboren, erlebte er als Neunjähriger furchtbare Angst vor der nationalsozialistischen Massenhysterie im Gefolge des „Anschluss“, der für ihn und seine Familie den Ausschluss bedeutete. Pfeifers fliehen nach Budapest. Dort versuchen sich mit dem „noch gemütlichen Antisemitismus“ zu arrangieren: „Die Zeichen waren an der Wand, aber man wollte oder konnte sie nicht sehen“, beschrieb Pfeifer das schwere Loslassen der Heimat in seinem Buch „Einmal Palästina und zurück“.

Nicht-Schweiger, Niemals-Zustimmer

1943 gelang ihm die Flucht nach Israel. 36 andere Familienangehörige überlebten die Schoa nicht. Er arbeitete in einem Kibbuz, kämpfte in einer Elitetruppe der Armee. 1951 kehrte er nach Österreich zurück, willkommen war er nicht. Mehrere Brotberufe folgten, bis er seine Berufung als Journalist und „Aufblattler“ des Antisemitismus fand.

Regelmäßig schrieb Pfeifer auch in der FURCHE; zuletzt am 6. Dezember 2022 über „Bruno Kreisky und das Judentum“. Quer durch seine Artikel zieht sich die Überzeugung: „Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit sind nicht nur Probleme der Politik oder der Justiz, sondern auch der Moral. Wer dazu schweigt, der stimmt zu.“ Karl Pfeifer hat dazu nie geschwiegen.

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