Lothar Knessl: Verfechter für Neue Musik
Lothar Knessl, geboren am 15. April 1927 in Brünn, gestorben am 6. August 2022.
Lothar Knessl, geboren am 15. April 1927 in Brünn, gestorben am 6. August 2022.
Es gab keinen leidenschaftlicheren, aber auch sachkundigeren Verfechter für Neue Musik als Lothar Knessl. 1927 in Brünn geboren, studierte er dort, später in Wien Klavier. Er begann seine musikalische Karriere als Präfekt und Aushilfskapellmeister der Wiener Sängerknaben. Dem schlossen sich Studien in Theaterwissenschaft sowie Komposition bei Ernst Krenek, über den er eine kenntnisreiche Studie verfasste, und Karl Schiske an. Damit war Knessls lebenslanges Interesse für zeitgenössische Musik geweckt, dem er in all seinen künftigen Aufgaben heftig frönte: als Redakteur der Tageszeitung Neues Österreich, in einer Vielzahl von höchster Kompetenz zeugender Aufsätze in zahlreichen Publikationen, als jahrzehntelanger Moderator der Ö1-Sendereihe „Studio Neuer Musik“, die mittlerweile unter dem Titel „Zeit-Ton“ firmiert, oder als Universitätslehrer.
Ohne ihn, der in jüngeren Jahren auch als Komponist hervortrat, wäre weder das Festival „Wien modern“ Realität geworden noch das MICA (Music Information Center Austria) entstanden. Dieses präsidierte er ebenso wie, zwischen 1992 und 2000, die Österreich-Sektion der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (IGNM). Lange koordinierte er den „Erste Bank Kompositionspreis“. Mitte der 1990er Jahre war Knessl (zusammen mit Christian Scheib) Musikkurator des damaligen Bundesministers für Unterricht und Kunst.
Ab den 1970er Jahren wirkte der mit dem Professorentitel und mehreren hohen Auszeichnungen gewürdigte, international geschätzte Apologet Neuer Musik als Leiter des Pressebüros der Österreichischen Bundestheater, ehe er als Pressechef in die Wiener Staatsoper wechselte, deren Direktion er schließlich angehörte. Die unter seiner Ägide entstandenen zahlreichen Programmhefte sind bis heute durch die Perspektive der hier jeweils angeschlagenen Themen wegweisend geblieben.
Am 6. August ist Professor Lothar Knessl, der im April seinen 95. Geburtstag gefeiert hatte, in Wien gestorben. Nicht nur die heimische Musiklandschaft verliert damit einen bis zuletzt mit höchster Energie für die Neue Musik und ihre Vertreter erfolgreich werbenden Mitstreiter.
Der Autor ist freier Kulturjournalist.
