Baumert - © Foto: Christian Bargehr

Paulus neu verstehen – und mit ihm leben

Werbung
Werbung
Werbung

„Der Schatz, den er hinterlässt, ist noch lange nicht gehoben“: Mit diesen Worten endet Klaus Mertes SJ seinen Nachruf auf Norbert Baumer. Und als Titel der postumen Würdigung für seinen Mitbruder schlägt Mertes „Ein ganzes Leben für Paulus“ vor. Baumert kann mit Fug und Recht als der unkonventionellste Paulus- Forscher der letzten Jahrzehnte gelten, und als einer, der dem Verständnis, aber auch der religiösen Kraft des Völkerapostels jede Faser seiner Exis tenz gewidmet hat.

Dabei war Baumert oft wie ein einsamer Rufer, wurden seine philologischen Zugänge zu Paulus in der exegetischen Zunft bei Weitem nicht so prominent rezipiert, wie er es verdient hätte. Auch von seiner Ausbildung her war Baumert Altphilologe, er wurde 1971 in Berlin mit einer philologischen Arbeit über den Zweiten Korintherbrief promoviert. Die richtige und im Zweifel auch radikal neue Übersetzung der Paulus-Briefe des Neuen Testaments waren denn auch das Forschungs- und Lebensthema Baumerts. Nicht zuletzt gegen die – auch in der Theologie – verfestigte Meinung über die angebliche Frauen- und Leibfeindlichkeit von Paulus sowie dessen Verständnis von Charisma und Amt oder antijüdische Züge in diesen Texten legte Baumert sprachliche Alternativvorschläge vor, die Paulus in einem gänzlich neuen Licht erscheinen lassen.

Bis zuletzt arbeitete er – gemeinsam mit seiner Mitarbeiterin und Co-Autorin Maria- Irma Seewann – an der Buchreihe „Paulus neu gelesen“. 1932 im schlesischen (heute: polnischen) Penzig/Pieńsk geboren, wuchs Baumert im Westen auf. 1952 trat er bei den Jesuiten ein, neun Jahre später wurde er zum Priester geweiht. 1972 wurde er Dozent, 1985 Professor für Neues Testament an der Hochschule Frankfurt/St. Georgen. Er engagierte sich in der Charismatischen Erneuerung und initiierte für seine Schüler und mit ihnen den „Frankfurter Pauluskreis“. Im Jahr 2000 wurde er emeritiert. Ab 2006 lebte Norbert Baumert SJ in der Wiener Jesuitenkommunität, wo er unermüdlich weiter Paulus neu zu erschließen suchte. Wegen seiner fortschreitenden Parkinson-Erkrankung übersiedelte er 2018 in ein Pflegeheim, wo er am 16. September verstarb.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung