Wolfgang Mantl - © Foto: Privat

Wolfgang Mantl: Abschied von einem großen Lehrer

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Gebildet, grenzüberschreitend, wertkonservativ, liberal: All das war Wolfgang Mantl. Vergangene Woche ist der langjährige Grazer Ordinarius für Politikwissenschaft und Verfassungsrecht 83-jährig nach langer Krankheit gestorben.

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Gebildet, grenzüberschreitend, wertkonservativ, liberal: All das war Wolfgang Mantl. Vergangene Woche ist der langjährige Grazer Ordinarius für Politikwissenschaft und Verfassungsrecht 83-jährig nach langer Krankheit gestorben.

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Ein knappes halbes Jahrhundert ist es her: Ich war ein junger Jusstudent, Mantl war schon Assistent, ein Jahrzehnt älter. Manchmal hat er auffällige Studierende zum Essen eingeladen. Mich auch. Wir haben über Gott und die Welt geplaudert. Das All-Themen-Gespräch setzte sich die folgenden Jahrzehnte fort: aktuelle und theoretische Politik, das Recht, die Universität, Europa, das Leben. Gemeinsame Projekte. Und die Literatur, auch die fiktive. Später einmal hat er in einem Seminar literarische Texte interpretieren lassen.

Mantl war ein gebildeter Mensch, der über den eigenen disziplinären Claim hinausschauen konnte. Kunstinteressiert. Wach und offen. Grenzüberschreitend. Liberal. Einer, der sich nicht in Bildung verbissen hat, sondern der das unausweichliche eigene Scheitern an dem, was man wissen könnte, mit Heiterkeit zu tragen wusste. Sein Horizont reichte ohnehin weiter, wissenschaftlich und historisch. Literarisch von Alois Brandstetter bis Claudio Magris. Und vieles andere. Mit Freude ging er im Lehr- und Forschungsaufenthalt nach Lemberg: Habsburg schnuppern.

Mantl war ein Wiener, erbeutet von den Steirern. Er war ein Öffentlichrechtler, dem die Sensibilität für die politisch-politikwissenschaftliche Dimension des Rechts ein Anliegen war: ein „Staatslehrer“. Auch weil er das Doppelgesicht des Rechts politikpraktisch erlebte: als Reformer der steirischen Landesverfassung, als Politikberater, beim Entwurf für ein Volksrechtegesetz und für einen unabhängigen Landesrechnungshof. Die Buchreihe „Studien zu Politik und Verwaltung“ (mit Brünner und Welan) dokumentiert die Breite des Zugangs. Dazwischen bastelte er Anstecknadeln. Ansonsten kann man manche zeitaufwendigen Engagiertheiten nur aufzählen: vom Modell Steiermark bis zum Kummer-Institut, von der Alpen-Adria-Kommission bis zum Steirischen Jahrbuch für Politik, vom Krainer-Gedenkwerk zum Forum Alpbach, vom Wissenschaftsrat bis zum ÖCV. Er war ein einfallsreicher und erfolgreicher Förderer für seine „Leute“, für jene, die bei ihm studiert und am Institut gearbeitet hatten.

Mantl wurde immer als barocker Mensch bezeichnet. Er liebte die große Geste, auch in Worten. Seine Kommentare und Reden waren ausgefeilte Produkte, mit sprachlicher Brillanz und originellen Prägungen. Auf barocke Weise liebte er auch das Kulinarische, ein bisschen zu sehr. Aber auch das gehört zur Freundlichkeit und Zugänglichkeit eines Menschen, der auch lockere Sager, erhellend und anregend, im Repertoire hatte. Ein Freund ist gegangen.

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