Ernst Tugendhat - © Foto:  picturedesk.com / dpa / Fritz Fischer

Zum Tod von Ernst Tugendhat: Nachdenken über Logik, Ethik und das Nichts

19451960198020002020

„Wer zu seinem gelebten Leben ‚Ja‘ sagt, tut sich leichter beim Übergang ins Nichts“, schrieb Ernst Tugendhat. Am 13. März ist er 93-jährig gestorben.

19451960198020002020

„Wer zu seinem gelebten Leben ‚Ja‘ sagt, tut sich leichter beim Übergang ins Nichts“, schrieb Ernst Tugendhat. Am 13. März ist er 93-jährig gestorben.

Werbung
Werbung
Werbung

Es war der schlimmstmögliche Moment in einem Journalistinnenleben: Da hat man soeben mit einem der größten Denker der Gegenwart gesprochen, will das Gesagte am Aufnahmegerät abhören – und berührt irrtümlich die Taste Erase. Doch Ernst Tugendhat war nicht nur ein kluger, sondern auch ein freundlicher Mensch: Ohne zu tadeln, war er bereit, das Interview einfach zu wiederholen.

Die Duldsamkeit dieses Mannes, der „täglich Blumenkohl“ zu essen pflegte, kontrastierte freilich mit der Schärfe seines Denkens. 1930 als eines von fünf Kinder einer jüdischen Industriellenfamilie in Brünn geboren, wuchs er in Ludwig Mies van der Rohes legendärer „Villa Tugendhat“ auf und kam (nach der Flucht der Familie nach Venezuela) bereits früh in Kontakt mit Martin Heideggers Hauptwerk „Sein und Zeit“. Es beeindruckte ihn tief.

So studierte er nach dem Krieg in Stanford und dann Tübingen, wo er seine Habilitationsschrift über „Wahrheit“ bei Heidegger und Husserl verfasste. Angesichts des „Geraunes“ reifte aber das Bedürfnis nach Klarheit, das ihn schließlich zur analytischen Philosophie führte. 1966 wurde Tugendhat Professor in Heidelberg, 1975 folgte er seinem Freund Jürgen Habermas ans Starnberger Max-Planck-Institut und von 1980 bis 1992 wirkte er an der Freien Universität in Westberlin.

Zunehmend beschäftigten ihn Fragen der Ethik und der Begründung von Moral, er selbst engagierte sich in der Friedensbewegung. Später dachte er über das Verhältnis von Egoismus und Mystik nach – und zuletzt 2006 „Über den Tod“: „Wer zu seinem gelebten Leben ‚Ja‘ sagt, tut sich leichter beim Übergang ins Nichts“, schrieb Ernst Tugendhat. Am 13. März ist er 93-jährig gestorben.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung