Nancy - © Foto: Getty Images / Gamma-Rapho / Jean-Marc Zaorski

Zum Tod von Jean-Luc Nancy: Neugierig, positiv, mutig

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Der französische Philosoph Jean-Luc Nancy ist vergangenen Montag im Alter von 81 Jahren verstorben.

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Der französische Philosoph Jean-Luc Nancy ist vergangenen Montag im Alter von 81 Jahren verstorben.

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Die Coronakrise sei „eine der Folgen des kapitalistischen Fortschrittsglaubens, der die gesamte Menschheit ins Unglück zu stürzen droht“, so äußerte sich der französische Philosoph Jean-Luc Nancy vor einem Jahr auf der virtuellen Bühne bei einer Veranstaltungsreihe des Passagen-Verlags gemeinsam mit der Kunsthalle Wien, der Volksbühne Berlin und der Gessnerallee Zürich. Vergangenen Montag ist der große Philosoph im Alter von 81 Jahren in Straßburg gestorben. Bis zu seinem Tod hat er Vorträge gehalten und galt als wichtige öffentliche Stimme der Gegenwart. Wie Nancy über die Funktion moderner Philosophie dachte, lässt sich etwa aus seinem Buch „Das Vergessen der Philosophie“ (Edition Passagen) herauslesen. Dem Vorwurf, manche moderne Philosophen hätten die Philosophie vergessen, widersprach er spielerisch. Ausgangspunkt seiner Darlegungen ist die Rede von der „Wiederkehr der Sinnfrage“, wobei Nancy sowohl die „Wiederkehr“ als auch den „Sinn“ als Elemente eines humanistischen Denkschemas zu entlarven versucht, das in doppelter Hinsicht abgeschlossen sei, weil es sich selbst und seine eigene Geschichte vergesse.

Geboren wurde Nancy 1940 in Cauderan. Nach seinem Studium der Philosophie in Paris promovierte er über Immanuel Kant bei dem Philosophen Paul Ricœur. Stark beeinflusst vom Denken Martin Heideggers und Jacques Derridas, seines Lehrers und Freunds, setzte sich Nancy mit der Gemeinschaftlichkeit menschlichen Seins auseinander. Er verfasste zudem Studien zur Metamorphose des Sinns, aber auch Abhandlungen zu politischen und religiösen Aspekten. 1968 wurde Nancy Assistent an der Université Marc Bloch in Straßburg, wo er später auch eine Professur für Philosophie erhielt. Er hielt Gastprofessuren in Berkeley, Berlin, Irvine und San Diego. In seiner dekonstruktivistischen Denkweise ließ Nancy jedenfalls immer Platz für Optimismus, etwa wenn er schreibt: „Die aktuellen Probleme sind vielleicht viel einfacher gelagert, als wir sie denken, aber von einer Art der Einfachheit, zu der wir keinen Zugang mehr finden.“ Letztlich sah der große Denker auch in der Coronakrise vor allem eines: den Beginn einer Gemeinschaft.

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