Clemens Sedmak: "Verzweiflung ist gefährlich"
Der in den USA und Salzburg lehrende Sozialethiker Clemens Sedmak über Solidarität aus Sicht von Christ- und Sozialdemokraten, zynische Privilegierte, schwer definierbare „Arme“, Erbschaftssteuern und das ewige Thema Neid.
Der in den USA und Salzburg lehrende Sozialethiker Clemens Sedmak über Solidarität aus Sicht von Christ- und Sozialdemokraten, zynische Privilegierte, schwer definierbare „Arme“, Erbschaftssteuern und das ewige Thema Neid.
Vor Kurzem noch war Clemens Sedmak zu Hause in Seekirchen am Wallersee. Nun, zu Studienbeginn, ist der katholische Theologe und Philosoph wieder an die University Notre Dame (Indiana) zurückgekehrt. Der Wahlkampf begleitet ihn hier wie dort. Ein Online-Gespräch in aller Herrgottsfrühe.
DIE FURCHE: Herr Professor Sedmak, wir wollen über Gerechtigkeit sprechen – und über den Zusammenhang mit Solidarität, die ja nicht nur ein Schlachtruf der Linken, sondern auch ein Prinzip der christlichen Sozialethik ist. Wie würden Sie diesen Zusammenhang beschreiben?
Clemens Sedmak: Solidarität ist eine Einstellung und Gerechtigkeit ist ein Wert. Oder anders gesagt: Solidarität ist die feste Entschlossenheit, sich für das Gemeinwohl einzusetzen. Und wenn das gelingt, möge am Ende so etwas wie Gerechtigkeit herauskommen, also ein Zustand, bei dem keine Person unter ein bestimmtes Minimum fällt, mit Fairness behandelt wird und das bekommt, was ihr zusteht. Wobei „Gerechtigkeit“ ein Maximalbegriff ist, den wir wohl auf dieser Welt nie einlösen können – das schaffen wir schon aufgrund natürlicher Ungleichheiten oder Unwägbarkeiten wie Schicksalsschläge oder Naturkatastrophen nicht. Aber das heißt nicht, dass es nicht wichtig wäre, sich daran auszurichten. Das Minimum wäre, dass wir uns um eine anständige, solidarische Gesellschaft bemühen. Es gibt das schöne Buch von Nancy Rosenblum über „Good Neighbours“, gute Nachbarschaft. Es geht hier um die Frage, wie man Solidarität einüben kann und sich das dann in die Politik übersetzen lässt.
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