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Die zwei Koalitionen der SPÖ
Wie jede sozialistische Partei und auch ähnlich wie eine Wirtschafts-partei paßt sich die SPÖ dauernd den ihr und ihrem Denken vorgegebenen sozialen und ökonomischen Bedingungen an.
Daneben und ohne unmittelbaren Bezug auf die Umwelt, in deren Bereich und unter deren Einfluß die Partei aufwächst, werden die Sozialisten unseres Landes noch immer von anderen Elementen bestimmungsmächtig beeinflußt.
Dies gilt vor allem vom Mythos des Widerstandes, den die Sozialdemokraten der ersten Stunde gegen die herrschenden Gruppen einstmals zu leisten gezwungen waren, gegen eine herrschende „Klasse“, die den Sozialisten dieser Zeit immer noch durch die Person des Oberhauptes des Hauses Habsburg repräsentiert zu sein scheint. Dazu kommen, stets von uralten Kämpfern zur Unzeit angefacht, die Erinnerungen an die Ereignisse des Februar 1934.
Die SPÖ wird ferner in ihrer Programmatik weitgehend auf das Programm des ÖGB hin diszipliniert, der sich keineswegs in jener Abhängigkeit von der Partei befindet, wie man dies immer wieder vermutet. Je mehr die SPÖ verbürgerlicht, um so eher erweist sich der ÖGB als Stabilisator der Partei und hält sie von Experimenten, die mit den Grundsätzen nichts zu tun haben, ab.
Auch der Marxismus spielt noch Immer im Denken und vor allem im Schrifttum der SPÖ eine Rolle, um so mehr, als die ökonomischen Prozesse andeuten, daß gewisse Voraussagen von Marx, wie etwa jene von der fortschreitenden Konzentration, nun doch keine Leerformeln sind. Immerhin veranlaßt ein Teil des marxistischen Vokabulars, vor allem im Bereich der Ökonomik, die sehr verschiedenen Gruppen im österreichischen Sozialismus in Grenzsituationen zu einheitlichen Aussagen.
Von Bedeutung für das Verhalten der SPÖ, vor allem nach den Präsidentenwahlen 1963, ist schließlich, dätfcfie Partei seit 18'Jahren jeweils knapp vor der Machtübernahme steht, wobei ihr oft nur wenige Stimmen fehlten, um den Bundeskanzler stellen zu können.
Die keineswegs aufgegebene Annäherung der SPÖ an die Freiheitlichen ist dagegen nicht die Folge eines Anpassungsprozesses an die sozialökonomischen Wirklichkeiten, auch nicht die Folge der Verbürgerlichung des Sozialismus, sondern scheint wider die Natur des Sozialismus gerichtet zu sein, ein Index massenpsychologischer Vorgänge und einer radikalen Änderung der Taktik, wie sie sonst nur von Kommunisten gewagt wird und gewagt werden kann.
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