Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Wirklichkeit Mensch
Die Manipulierbarkeit des Menschen ist um so eher möglich, je offenkundiger die Motive seines Verhaltens sind, jene Antriebskräfte, die den Menschen bestimmen, etwas zu tun oder — was noch wesentlicher ist — etwas nicht zu tun. Der Verfasser des vorliegenden Buches ist ein Wiener, der heute in den USA zu den bedeutendsten Marktforschern gehört und seinem System der Marktanalyse dadurch seine Eigenart aufgeprägt hat, daß er sich vornehmlich mit der Motivforschung befaßt. Der kommerziellen Motivforschung geht es vor allem darum, festzustellen, warum sich die Menschen auf eine bestimmte Weise verhalten und „wie sie dabei beeinflußt werden können“. Um dieses Vorhaben optimal zu erreichen, muß freilich der Mensch so gesehen werden wie er ist und nicht wie er in unseren Annahmen sein soll. Bei der Suche nach der Wirklichkeit „Mensch“ erkennt man in einem steigenden Umfang, daß er weitgehend irrational determiniert ist, daß die menschlichen Bedarfsäußerungen keineswegs vom Physischen, sondern in einem mit der einzelpersönlichen Kaufkraft wachsenden Volumen vom Psychischen (psychische Bedarfe) begründet werden. Der Mensch will das Irrationale seines Verhaltens nicht zugeben, so daß es etwa dem Verkäufer obliegt, ihm irrationale Handlungen als rationale hinzustellen. Die Werbung ist heute daher ein Appell an die Vernunft, das heißt, sie sucht den Menschen zu bewegen, davon auszugehen, bei seinen irrationalen Handlungen durchaus vernünftig zu handeln. Der ganze Bereich des Auto-konsums ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen.
Für den Autor haben die Waren, die Dinge, eine ;,Seele“. Einzelne Waren finden nur ihren Absatz in der merkwürdigen Emanation, die von ihnen ausgeht, und keineswegs in einem unmittelbaren Bezug zu den Grundbedürfnissen steht. Denken wir beispielsweise an die Marken, deren Konsum oft ein soziales Statuszeichen ist, ein Klassensymbol. Im Kauf vollzieht sich daher so etwas wie ein schöpferischer Akt, eine Selbstdarstellung des Menschen, die ernstgenommen werden muß.
Das ausgezeichnet und flüssig geschriebene Buch beschränkt sich nicht auf die Enge der kommerziellen Motive, sondern greift über diese hinaus.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!
