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Schengen: Rumäniens kollektive Kränkung und Österreichs Anteil
Bedeuten die Nationalratswahlen in Österreich auch eine Wende für die Regierung in Bukarest? Nicht nur Premier Ciolacu hält die Schengenblockade der Volkspartei für innenpolitisch motiviert. Warum sich Österreichs Haltung bald ändern könnte und was der nominierte EU-Kommissar Magnus Brunner damit zu tun hat. Ein Ortstermin in Rumänien.
Bedeuten die Nationalratswahlen in Österreich auch eine Wende für die Regierung in Bukarest? Nicht nur Premier Ciolacu hält die Schengenblockade der Volkspartei für innenpolitisch motiviert. Warum sich Österreichs Haltung bald ändern könnte und was der nominierte EU-Kommissar Magnus Brunner damit zu tun hat. Ein Ortstermin in Rumänien.
Am kommenden Sonntag wird man im Victoria-Palast in Bukarest den Ausgang der österreichischen Nationalratswahlen mit Interesse verfolgen. Premierminister Marcel Ciolacu, auch Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei (PSD), und sein Kabinett fühlen sich seit Monaten von Österreichs Regierung, allen voran der ÖVP, vorgeführt. Seit 2011 hatte Rumänien (wie Bulgarien) darauf gewartet, endlich Teil des Schengen-Raums zu werden. Doch Innenminister Gerhard Karner blockierte das Verfahren und setzte am Ende für beide Länder ein „Schengen light“ durch. Seit Ende März 2024 sind daher die Personenkontrollen an den internen Luft- und Seegrenzen aufgehoben – nicht aber jene an den Landgrenzen.
Karner hatte diesen von ihm forcierten Kompromiss damit begründet, dass zu viele unregistrierte Migrant:innen sowie Geflüchtete über die grüne Grenze gen Österreich kommen würden. Eine Behauptung, die Premier Ciolacu, der dieser Tage eine Gruppe deutscher und österreichischer Journalisten (darunter auch DIE FURCHE) empfing, vehement zurückweist: „Die Argumente aus Österreich sind innenpolitisch motiviert und entbehren jeder Grundlage“, sagt er.
Gleicht die Auflage einer Schikane?
Selbstredend, dass der rumänische Regierungschef den Vorwurf aus Wien nicht auf sich sitzen lässt. Zumal im Dezember auch in Rumänien Wahlen anstehen. Von „Schengen-light“ erzählt man sich, dass es eine Art kollektive Kränkung im Land ausgelöst habe. Viele Rumäninnen und Rumänen fühlen sich seither zu Europäern zweiter Klasse degradiert. Es heißt, Rumänien zahle den Preis dafür, dass in Ländern wie Österreich, den Niederlanden und mittlerweile auch Deutschland Rechtspopulisten den Ton angeben würden und der Nationalismus erstarkt sei. Haben sie recht? Sind die EU-Auflagen für die Landgrenze bloße Schikane?
Für die Wirtschaft des Landes bedeuten sie in jedem Fall erhebliche Nachteile. Das gilt allerdings auch für Österreich. Laut Wirtschaftskammer haben tausende österreichische Unternehmen in Rumänien investiert und mittelfristig mit einem ungehinderten Transit auf der Straße gerechnet. Rumänien ist Österreichs 15.-wichtigster Exportmarkt und 19.-wichtigster Importpartner. Die Verzögerungen an den Grenzen müssen die Betroffene jedenfalls auf der Soll-Seite ihrer Bilanz verbuchen.
Ähnlich ergeht es den Pflegerinnen, die regelmäßig in Reisebussen nach Österreich pendeln und nun weiter stundenlange Wartezeiten erdulden müssen. Was viele hierzulande vergessen: In Rumänien herrscht mittlerweile ebenfalls ein Pflegenotstand, was mittelfristig dazu führen wird, dass diese Frauen nicht mehr alle Unwägbarkeiten in Kauf nehmen, um einen Job im Ausland anzunehmen. Ohne die Altenbetreuerinnen aus Rumänien würde das österreichische Pflegesystem allerdings kollabieren. Auf diesen Aspekt haben m Nationalrat vor allem die Neos immer wieder hingewiesen. Die Volkspartei zeigte sich angesichts ihres Schengen-Vetos auf diesem Ohr aber bislang taub. Vielmehr heißt es, die Sicherheit habe in dieser Angelegenheit absolute Priorität. Übersetzt: Von einer offenen rumänischen Landgrenze geht eine Gefahr aus.
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