Türkiser Leistungsblick im Murtal: "Nein, wir sind nicht tot"
An erster Stelle im ÖVP-Wahlprogramm steht Leistung. Was bedeutet das in der Praxis – und wo war die wirtschaftspolitische Leistung der Volkspartei? Ein Steiermark-Besuch.
An erster Stelle im ÖVP-Wahlprogramm steht Leistung. Was bedeutet das in der Praxis – und wo war die wirtschaftspolitische Leistung der Volkspartei? Ein Steiermark-Besuch.
Leistung ist im steirischen Murtal von weitem zu hören. Bis zur Kalvarienbergkirche am Tremmelberg am Wanderweg von Seckau nach Spielberg dröhnen die Motoren vom Red Bull Ring hinauf. Vor dem FURCHE-Reporter besuchte Landeshauptmann Christopher Drexler im Rahmen einer Wahlkampftour den Bezirk, lobte die Red Bull-Großveranstaltungen und den auf Innovationen ausgerichteten Wirtschaftskompass: „Hier wird die ganze Steiermark in die Auslage gestellt und das Murtal ist Transformator des steirischen Geists in die ganze Welt!“ In Seckau, dem geistig-spirituellen Zentrum der Region auf der anderen Seite des Tremmelbergs, trifft DIE FURCHE Norbert Steinwidder. Der Vizebürgermeister und Stadtparteiobmann der ÖVP Judenburg ist Obmann der Wirtschaftskammer Murau-Murtal, war lange Geschäftsführer einer Fachhandelskette und arbeitet jetzt als Unternehmer im Tierfutterbereich.
Red Bull-Selbstbewusstsein
Selbst ein „Leistungsträger“ im Sinn der Volkspartei und für diese wirtschaftspolitisch aktiv, schließt sich Steinwidder dem Lob des Landeshauptmanns für das Red Bull-Engagement in der Region und dabei vor allem der Bedeutung des vor zwei Jahren verstorbenen Red Bull-Gründers an: „Wir können Dietrich Mateschitz nicht dankbar genug dafür sein, was der für diesen Bezirk getan hat.“ Vor zwei, drei Jahrzehnten sei das Murtal tot gewesen, beschreibt Steinwidder die Zeit nach dem Niedergang der Schwerindustrie. Von der Wirtschaftskammer angestoßen und gefördert, so der Kammerfunktionär, habe es dann viele Schritte zur Förderung des Tourismus und innovativer High-Tech-Unternehmen gegeben. „Aber entscheidend war es auch, das Mindset zu verändern, dass wir wieder gesagt haben: Nein, wir sind nicht tot, wir können was, wir haben was.“ In vielen Bereichen fehlte es lange an Selbstbewusstsein, sagt Steinwidder: „Das haben wir hier schon durch Dietrich Mateschitz und durch die internationalen Auftritte unserer Region wiedergewonnen.“
Der Hofwirt in Seckau, ein traditionsreiches Gasthaus vis-à-vis der Abtei, verdankt seine Revitalisierung ebenfalls dem Mateschitz-Engagement. DIE FURCHE trifft Steinwidder aber in der Seckauer Konditorei Regner, bekannt für seine Weltmeister-Torte und die Lebkuchen mit Steirischem Landeswappen als Gütesiegel. Hinter Steinwidder an der Wand hängt ein gerahmtes Bild der Regner-Familie, geschmückt mit Goldmedaillen von Staats- und Weltmeisterschaften. Ein Leistungsträger-Betrieb ganz im Sinne der Volkspartei: „Ich kenne viele Unternehmerinnen und Unternehmer, gerade in der Jungen Wirtschaft, tolle Menschen, engagiert, die für ihre Betriebe kämpfen und sich den Arsch aufreißen“, beschreibt Steinwidder das Leistungsdenken durch die Brille eines Unternehmers und ÖVP-Kammerfunktionärs. „Aber ich kenne auch etliche, die den umgekehrten Weg gehen, die Arbeit als leidvoll betrachten, was völlig konträr zum Leistungsgedanken steht.“
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