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Vor neuen Aulgaben

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Wenngleich die europäische Wirtschaftsintegration sich derzeit noch in einem Stadium befindet, in dem ihre Auswirkungen im Handelsverkehr noch nicht unmittelbar fühlbar geworden sind, ist nicht zu verkennen, daß sie ihre Schatten schon vorauswirft. Der auf Grund des Romvertrages geschaffene Gemeinsame Markt, den die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien und die Beneluxstaaten gebildet haben, wird sich bereits ab 1. Jänner 1959 auswirken, und es ist das Bestreben der übrigen OEEC-Staaten, zum gleichen Zeitpunkt eine Europäische Freihandelszone zu errichten.

Es liegt auf ,der Hand, daß diese Entwicklung geeignet ist, das Messewesen in Europa nachhaltig zu beeinflussen, und ich glaube in der Annahme nicht fehlzugehen, daß die Funktion der Wiener Messe im Lichte der europäischen Integrationsentwicklung eine Wandlung erfahren dürfte. War nämlich die Wiener Messe schon in der Vergangenheit jener europäische Marktplatz, auf dem gleicherweise der europäische und .der außereuropäische Käufer Gelegenheit fand, die Produkte des Ostens und des Westens im friedlichen Wettstreit zu sehen, so ist anzunehmen, daß die in den kommenden Jahren in Westeuropa zu gewärtigenden verschärften Wettbewerbsbedingungen eine Auslese herbeiführen, die sich sowohl in einer erhöhten Qualität als auch im Preisniveau der angebotenen Waren äußern sollte. Die Wiener Messe wird jedoch in Hinkunft, über ihre traditionelle Aufgabe hinaus, in besonderem Maße über die konkreten Erfolge der europäischen Integration Rechenschaft zu geben haben.

Dabei möchte ich nicht übersehen, daß gerade die österreichische Industrie die Gelegenheit nützen wird, die Produkte der ihr analogen Wirtschaftszweige des Auslandes mit besonderer Aufmerksamkeit zu beobachten, weil es gilt, ihre erprobte Leistungsfähigkeit auch bei schrittweisem Wegfall der noch bestehenden Schutzmaßnahmen und insbesondere der Zölle unter Beweis zu stellen. Wir haben uns zur Europäischen Freihandelszone bekannt, weil wir der Auffassung sind, daß sie einen ganz wesentlichen Schritt zu einer größeren Freiheit darstellt, und nicht zuletzt, weil die sprunghafte Entwicklung der Technik, der industriellen Organisation und Automation es nicht länger zulassen, mit handelspolitischen Werkzeugen zu operieren, die eigentlich der Vergangenheit angehören sollten.

Schon jetzt sind zahlreiche österreichische Industriebetriebe im Begriff, ihre Investitionstätigkeit zu verstärken oder für die allernächste Zukunft vorzubereiten, um ihre Konkurrenzfähigkeit zu bewahren oder nötigenfalls zu erhöhen. Die Wiener Messe, auf der auch heuer wieder viele hochwertige Erzeugnisse des Auslandes zu sehen sind, ist besonders geeignet, diesbezüglich wertvolle Aufschlüsse zu geben und darüber hinaus auch persönliche Kontakte zu vermitteln, deren Wert nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

Ganz abgesehen davon darf füglich erwartet werden, daß die Wiener Messe, die es sich schon bisher besonders angelegen sein ließ, den Ost-West-Handel zu fördern, unter den neuen Voraussetzungen womöglich noch stärker als zuvor dieser Funktion gerecht werden kann. Gerade deshalb begrüße ich aufrichtig die zahlreiche Auslandsbeteiligung auch an der heurigen Frühjahrsmesse, die Gewähr dafür bietet, daß diese Veranstaltung ihrer oben umrissenen Aufgabe voll und ganz gerecht wird.

Es wäre verfrüht, jetzt schon Betrachtungen darüber anzustellen, inwieweit die schon traditionell gewordenen und nach einem festgelegten Kalender stattfindenden Messeveranstaltungen im Lichte der europäischen Integrationsentwicklung ihre Daseinsberechtigung bewahren. Selbst wenn jedoch diese Entwicklung zu einer stärkeren Konzentration der Messen führen sollte, glaube ich, daß Wien nicht nur auf Grund der besonderen Tradition seiner Messe, sondern auf Grund seiner geographischen Lage und seiner gerade heute so notwendigen völkerverbindenden Mission dazu berufen ist, ganz besonders unter den neuen wirtschaftspolitischen Gegebenheiten eine führende Rolle als europäischer Markt- und Ilmschlagplatz zu spielen.

War die Wiener Messe ursprünglich dazu angetan, die nach 1918 im donaueuropäischen Wirtschaftsraum zerstörten Verbindungen wieder anzuknüpfen, hat sie nach 1945 wesentlich dazu beigetragen, den Warenaustausch zwischen Ost-und Westeuropa in Gang zu bringen. Im Lichte der nun konkrete Formen annehmenden europäischen Integrationsbestrebungen, kann, so scheint es, die Wiener Messe dazu berufen sein, Europamesse zu werden.

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