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Wie viel „Sicherheit“ muss der Staat garantieren, Reinhard Kreissl?
Aus Angst vor dem nächsten Wahldebakel geht dieser Tage der blinde Aktionismus um. So mancher Politiker sieht die „Sicherheit“ in Gefahr. Zurecht? Ein Gespräch mit dem Kriminal-Soziologen Reinhard Kreissl.
Aus Angst vor dem nächsten Wahldebakel geht dieser Tage der blinde Aktionismus um. So mancher Politiker sieht die „Sicherheit“ in Gefahr. Zurecht? Ein Gespräch mit dem Kriminal-Soziologen Reinhard Kreissl.
Der Mensch ist so lange sicher, solange er nicht darüber nachdenkt, ob er sicher ist – oder eben nicht, sagt der Wiener Kriminalsoziologe Reinhard Kreissl. Gewisse Politiker hätten allerdings ein Interesse daran, die Bevölkerung in Unsicherheit zu wiegen. Die jüngste deutsche Debatte über ein Außerkraftsetzen von Schengen sei ein Beispiel dafür, wie Aktionismus in unverantwortliches Handeln münden könne. DIE FURCHE hat Kreissl zum Gespräch gebeten.
DIE FURCHE: Herr Kreissl, „Sicherheit“ hat sich zu einem zentralen Wertebegriff demokratischer Gesellschaften entwickelt. Aber seit wann herrscht eigentlich die Vorstellung vor, dass es der Staat sei, der für diese Sicherheit sorgen müsse?
Reinhard Kreissl: Das Sicherheitsthema steht am Ursprung der modernen Staatstheorie. Der Philosoph Thomas Hobbes hatte als Theoretiker den modernen Staat begründet – mit dem Versprechen auf Sicherheit. Er ging davon aus, dass ohne ein gewisses Regelwerk alle übereinander herfallen. Stichwort „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“. Laut ihm gilt es für alle einen Vertrag abzuschließen, der beinhaltet, dass wir einen Teil unserer Souveränität an den Leviathan, sprich den Souverän, abgeben. Dessen Aufgabe wiederum ist für Sicherheit zu sorgen. Allerdings: Hobbes merkt auch an, dass es dem Leviathan nur so lange zu folgen gilt, solange er Sicherheit garantiert.
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