"Unternehmen Österreich 2025“ will das Land wettbewerbsfähiger machen - und scheut auch vor umstrittenen Forderungen nicht zurück. Entsprechend zurückhaltend ist das Echo.
Was ein echter Gewerkschafter ist, der pflegt seine Feindbilder. Josef Stingl ist Chef des gewerkschaftlichen Linksblocks - und kann da dieser Tage, so meint er wohl, aus dem Vollen schöpfen. "Neoliberale Sumpftruppe“, so nennt Stingl jene 300 Vertreter der Initiative "Unternehmen Österreich 2025“, die am Montag ihre Vorschläge für ein wettbewerbsfähigeres Österreich vorgestellt haben. "Die durchgehend millionenschweren UnternehmerInnen wollen offensichtlich den Lohnabhängigen das letzte Hemd ausziehen und die Superreichen noch reicher zu machen.“
Viel zu lachen haben die Vertreter der Initiative "Unternehmen Österreich 2025“ tatsächlich nicht. Als unabhängige Aktion waren sie angetreten, um nun ein Programm mit etwa einhundert Verbesserungsvorschlägen vorzustellen. Und nun ist so recht niemand damit glücklich, der sich unter den politischen - also parteiabhängigen Adressaten der Vorschläge befindet.
Politik zurückhaltend
Der Mit-Initiator der Aktion VP-Chef Michael Spindelegger ließ gleich bei der Präsentation wissen, dass ihm "einiges sehr gut, anderes gar nicht“ gefalle. Die SPÖ sprach gleich von einem "Irrweg“ - "enttäuschend und kurzsichtig“ - obwohl SPÖ-Altvordere wie Hannes Androsch bei "Unternehmen Österreich 2025“ mitgemacht hatten.
Tatsächlich würden einige der Vorschläge darauf abzielen, Strukturen des österreichischen Staates aufzubrechen, vor allem wenn es um die Zukunftsbereiche Unterricht und Forschung, um die Ausländerpolitik aber auch das Steuer- und Abgabensystem geht. Nachfolgend einige Auszüge, die - bei ernsthafter Erwägung - zu heftigen Kontroversen führen dürften.
Bildungsbereich: Die Bildungsagenden würden zentralisiert werden. Das Lehrerdienstrecht würde dem Angestelltendienstrecht angeglichen werden. Damit würden die Ferien auf 5 Wochen verkürzt und die Fortbildungsmöglichkeit zur Pflicht werden. Die Klassenschülerhöchstzahl würde auf 15 gesenkt, Fremdsprachenkompetenzen massiv ausgebaut werden. Eltern hätten künftig freie Schulwahl.
Massiv betroffen wäre auch der Rest der ehemaligen verstaatlichen Unternehmen: Post, OMV, Asfinag und ÖBB sollten "soweit es die Erfordernisse der Daseinsvorsorge zulassen“ über die Börse privatisiert werden. Sperrminoritäten des Staates sollten aufgegeben werden. Mindestens 30 Prozent der öffentlichen Infrastrukturmaßnahmen könnten nach einer Evaluierungsphase gestrichen werden, so die Experten.
Einen drastischen Umbau würde demnach auch das Steuersystem erfahren: Einer breiten Abschaffung von Steuerbegünstigungen stünde eine Senkung der Lohnnebenkosten für Unternehmen und der Lohnsteuer für Arbeitnehmer gegenüber. Das Steuerrecht müsse massiv vereinfacht werden - und zwar über eine Zusammenführung aller Abgaben (Lohn- und Einkommenssteuer, Sozialversicherungsabgaben). Dabei wäre auch ein gerechteres Abgabensystem für Klein- und Kleinstunternehmer vorgesehen, die derzeit massiv unter dem Sozialversicherungssystem für Selbstständige leiden, so Regina Prehofer. "Das jetzige System ist leistungsfeindlich, ein einfaches System würde die Steuermoral heben“, so Bernhard Gröhs, Deloitte-Chef und Sprecher der Initiative. Weiters sollten Arbeitszeitmodelle flexibler gestaltet werden, beginnend bei der Liberalisierung des Arbeitsruhe- und Feiertagsgesetz bis hin zur befristeten Aussetzung von Kollektivverträgen und dem Entfall von Biennialsprüngen im öffentlichen Dienst.
Ausländer rein!
Zusätzlich geht es der Initiative um eine verstärkte Werbung für den Zuzug ausländischer Spitzenarbeitskräfte nach Österreich. Die Rot-weiß-rot-Card müsse Teil einer "Willkommenskultur“ werden. Wie das in einen politischen Prozess eingespeist werden könnte, ist nicht fixiert. Die Vertreter von "Unternehmen Österreich“ wollen zunächst um ihre Positionen werben - und hoffen auf Ideenbedarf der Parteien im Wahlkampf 2013.
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