43 Millionen Menschen auf der Flucht

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António Guterres war schon in seiner Zeit als Portugals Premierminister ein Mann des offenen Wortes. Das behält er nun auch als UN-Flüchtlingshochkommissar bei. Es gibt im soeben erschienenen „Global Report“ des UNHCR auch nicht viel zu beschönigen. Guterres: „Das war das schlechteste Jahr für freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen seit zwei Jahrzehnten.“

2009 waren weltweit mehr als 43 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg, ethnischen Konflikten und Verfolgung. 15,2 Millionen Menschen waren gezwungen, ihr Land zu verlassen, die Mehrheit der Vertriebenen, 27,8 Millionen wird dagegen als „Internally Displaced“ – als Flüchtling im eigenen Land – geführt. Dass beide Zahlen im Steigen begriffen sind, hängt wohl vor allem mit der sich verschlechternden Sicherheitslage im Nahen und Mittleren Osten zusammen. Allein drei Millionen vertriebener Afghanen und zwei Millionen irakische Flüchtlinge zählt die UNO. Letztere Zahlen werfen auch ein wenig positives Licht auf den Erfolg der beiden Kriege, die im Namen des Kampfes gegen die Al Kaida geführt wurden. UN-Hochkommissar Guterres beklagt auch die bescheidenen Aussichten auf Frieden in den großen Konfliktregionen der Erde: „Die Konflikte in Afghanistan, Somalia oder der demokratischen Republik Kongo sind weit davon entfernt, gelöst zu sein.“ Gleichzeitig, und das stimmt den UNHCR so besorgt, fiel die Zahl jener Flüchtlinge, die nach einem Konflikt freiwillig nach Hause zurückkehrten, drastisch. Waren es in den vergangenen Jahren im Schnitt noch eine Million Rückkehrer gewesen, so fiel diese Zahl 2009 auf 251.000. Insgesamt sind 5,5 Millionen Menschen seit mehr als fünf Jahren auf der Flucht.

Konflikte mit lokaler Bevölkerung

Ein weiteres Haupterkenntnis des UNHCR-Reports: Die Flüchtlinge siedeln sich nun vermehrt in den großen Städten der Zielländer an. Dass es dabei im Zuge der Weltwirtschaftskrise zunehmend zu Konflikten mit der lokalen Bevölkerung kommt, war zuletzt im Frühjahr in Südafrika zu sehen, als ein wütender Mob Tausende Flüchtlinge aus Zimbabwe vertrieb.

Aufschlussreich ist auch ein Vergleich der neuen Asylwerberzahlen. Denn er relativiert die Meinung, arme Flüchtlinge drängten prinzipiell in reiche Länder. Von global einer Million Asylwerber entfielen mehr als 220.000 auf Südafrika, und damit auf ein Land, das ohnehin schon mit einer großen Zahl an Arbeitslosen und einem steigenden Budgetdefizit zu kämpfen hat.

Das viel reichere Europa der EU 27dagegegen war nur für 240.000 Asylwerber attraktiv. Das kann auch als Bestätigung der These gesehen werden, dass sich nur ein Teil der Flüchtlinge dazu entschließt, in einem anderen Kontinent eine neue Existenz aufzubauen. Dagegen entscheidet sich die Mehrheit für einen neuen Wohnsitz in der Nähe des Herkunftslandes.

Einwanderungsland USA

Die 19 größten „Aufnahmestaaten“ akzeptierten im vergangenen Jahr insgesamt 112.400 Flüchtlinge. Einwanderungsland Nummer eins bleibt dabei die USA mit knapp 80.000 angenommenen Asylanträgen. Weit darunter rangieren Kanada und Australien mit je 12.000 Asylwerbern. Europas Staaten sind im Vergleich dazu (mit Ausnahme Schwedens) viel rigider. Deutschland akzeptierte 2100 Flüchtlinge, Schweden immerhin 1900.

Der UNHCR berechnete auch den Anteil von Asylwerbern an der Gesamtbevölkerung. Österreich liegt dabei im Spitzenfeld mit im Schnitt neun Asylwerbern pro 1000 Einwohner (Zypern liegt mit 30 Asylwerbern pro Tausend an der Spitze), die USA dagegen halten bei einem Asylwerber je 1000 Bürger. (tan)

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