"Afrikas Wachstum ist keine Blase“

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Afrika - und hier vor allem die Staaten südlich der Sahara haben in den vergangenen Jahren unbemerkt von der Weltöffentlichkeit vergleichbar großes Wachstum erreicht. Aber ist es auch nachhaltig? Yusuf Ali Khan, der Afrika-Experte der Citibank, gibt Antwort.

Im Schatten einer schwächelnden Weltwirtschaft boomen die afrikanischen Nationen südlich der Sahara. Im Gesamten wird das Bruttosozialprodukt dieser Nationen um 4,9 Prozent wachsen, in einem Drittel der Länder sogar um sechs Prozent oder mehr. Damit zählen sie zu den am schnellsten wachsenden Ökonomien der Welt. Yusuf Ali Khan, Leiter der Citibank Handel für Afrika, über die Ursachen und Chancen dieser Entwicklung.

DIE FURCHE: Selbst in der Krise der globalen Wirtschaft sind einige afrikanische Länder besonders schnell gewachsen. Hat sich da eine Blase entwickelt, die platzen könnte?

Yusuf Ali Khan: Im Jahr 2011 gab es 50 Milliarden Dollar, die an Investitionen aus dem Ausland nach Afrika flossen. Bis 2015 dürften es 150 Milliarden sein. Diese Investitionen flossen vor allem in die Infrastruktur. Der Kontinent braucht da für einen massiven Aufholprozess zwischen 50 und 90 Milliarden Euro pro Jahr. Ich spreche da über den Stromsektor, Häfen, Flughäfen, Straßen und ähnliche Projekte. Es sind vor allem große Konzerne wie General Electric und große chinesische Unternehmen, die sehr stark investieren. Schauen Sie nach Ostafrika und die Infrastrukturkorridore, die dort entstehen. Nicht nur für den Handel innerhalb Afrikas sondern auch außerhalb. Meiner Meinung nach ist das keine Blase.

DIE FURCHE: Der Boom wird aber auch durch Telekommunikation, den Einzelhandel und andere konsumorientierte Unternehmen getrieben, die auf eine aufstrebende Mittelschicht zielen.

Khan: Gerade die Telekommunikationsbranche ist sehr interessant. Wenn Sie zwölf Jahre zurückgehen, haben Sie in Bezug auf die Handy-Telefonie Marktdurchdringungsraten von ein bis neun Prozent. Jetzt sind es bis zu 90 Prozent in einigen Landstrichen. Das hat eine ganze Reihe anderer Entwicklungen nach sich gezogen, wie etwa das mobile banking, ein Bereich, der recht groß geworden ist. In einem Land wie Südafrika überweist man Geld und kauft mit dem Handy im Supermarkt ein. Dies alles sind Multiplikatoren, die Wachstum schaffen. Und ich denke, dass dieser Trend auch anhalten wird, weil mit der Entwicklung der städtischen Infrastruktur das Bildungsniveau steigt.

DIE FURCHE: Das chinesische Kapital und die Aktivitäten der Chinesen in Afrika generell werden in Europa und den USA, zunehmend aber auch in Afrika selbst, sehr kontrovers diskutiert. Was halten Sie davon?

Khan: Dazu müssen wir einmal sehen, wie das chinesische Modell funktioniert. Es ist ein auf Staatsförderung basierendes Modell. Die Banken, die die Finanzierung übernehmen, sind Banken in Staatsbesitz. Auf der anderen Seite haben wir das indische Modell, in dem die Banken in Privatbesitz sind und den Marktmechanismen voll ausgesetzt. In diesem Punkt gab es einige Fälle, in denen der Finanzierungsvorteil der chinesischen Exporteure zum Thema gemacht wurde, weil ihre Kredite beinahe einer Subvention durch chinesische Banken glichen. Aber wir müssen das in einen Gesamtzusammenhang stellen. China ist nicht Teil der OECD im Gegensatz zu den USA oder der EU, und das gibt den Chinesen eine freiere Hand.

DIE FURCHE: Chinesische Banken sind Teil des Staatsapparates, damit können kommerzielle Unternehmen wie die Citibank nicht konkurrieren. Ist das nicht ein Problem für Banken, die ein ganz anderes Modell verfolgen als die Ihrige?

Khan: Ich denke, wir müssen da auch immer die Anforderungen des jeweiligen Projekts berücksichtigen. Wo chinesische Banken zu derart günstigen Konditionen Kredite über 20 bis 30 Jahre vergeben, werden normale Geschäftsbanken nicht mithalten, solange wir nicht Garantien von Exportkreditagenturen erhalten. Unsere Richtschnur ist Kapitalrendite und Richtlinien wie Basel III, welche die chinesischen Banken nicht haben. Ich würde aber nicht unbedingt sagen, dass das ein unfairer Vorteil ist. Es ist ein Vorteil, aber auch chinesische Banken unterliegen Richtlinien, die außerhalb des Bereichs, in dem die Geschäftsbanken operieren, fallen.

DIE FURCHE: Genau das ist doch eine der großen Herausforderungen für westliche Banken im Wettbewerb mit Banken aus den aufstrebenden Wirtschaftsnationen. Gibt es noch weitere?

Khan: Sicherlich ist die politische Stabilität eine Frage. Wenn man sich Nordafrika ansieht, da hatte der Arabische Frühling einen eindeutig negativen Effekt. Aber Afrika kann man nicht nur allgemein sehen, wie das eine Menge Leute, die nicht über ein tiefes Verständnis verfügen, zu tun pflegen. Schauen Sie sich Ghana, Nigeria oder Sambia an, wo deutliche Änderungen des Systems im Gange sind, politische Übergänge zur Demokratie in Staaten, in denen es erst ein oder zwei friedliche Wahlen gegeben hat. Und das sind die Pluspunkte, die berücksichtigt werden müssen.

DIE FURCHE: Politische Instabilität geht oft Hand in Hand mit Korruption, Klientelismus und mangelnder Rechtsstaatlichkeit. Würden Sie sagen, dass diese Themen auch so gut thematisiert werden?

Khan: Ja, es gibt Probleme in Bezug auf die Korruption und die Stärkung des Rechtssystems, dass Anleger nicht jene Rechtssicherheit haben, die in den OECD-Märkten besteht. Aber das sind Herausforderungen, mit denen alle Schwellenländer konfrontiert sind. Immerhin sind im Korruptionsindex von Transparency International dreizehn afrikanische Länder besser eingestuft als Indien und 34 liegen vor Russland. Sie können also nicht einfach sagen, wir haben jetzt diesen einen Fall oder diese beiden Fälle und deshalb schreiben wir den ganzen Kontinent ab. Ich denke, die gute Nachricht ist, dass die Staaten erkannt haben, dass diese Fragen angegangen werden müssen. Und dass sie angegangen werden.

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