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Europas Rechtspopulisten sind Stehaufmännchen. Kaum totgesagt, erleben sie ihr nächstes Comeback. In 15 spannenden politischen Porträts spürt ein diese Woche erscheinendes Buch dem Auf und Ab der europäischen Rechten nach.

Wende am Ende - nicht nur in Österreich sind die regierenden Rechtspopulisten in die Krise geraten: In den Niederlanden laufen der in Diadochenkämpfe verstrickten Pim-Fortuyn-Liste die Wähler davon. Und in Portugal ist der zum Verteidigungsminister aufgestiegene Populist Paulo Portas in einen handfesten Finanzskandal verwickelt. Als Abgesang oder gar als Nachruf versteht sich das Mitte dieser Woche erscheinende Buch "Haider, Le Pen & Co. Europas Rechtspopulisten" trotzdem nicht.

Ganz im Gegenteil, das Auf und Ab ist deren Geschäft. Kaum für politisch tot erklärt, feiern diese Stehaufmännchen auch schon wieder ihr nächstes Comeback. "Ein politisches Ziel, bei dem diese Bewegung, die er anführt, an ihr Ende kommen würde, gibt es nicht", schreibt Christa Zöchling im Kapitel über Jörg Haider und charakterisiert damit auch Berufung und Schicksal der anderen europäischen Rechtspopulisten.

Insgesamt 15, darunter eine Frau, zählt das Buch derzeit in Europa. Nicht dabei sind zwei bekannte Namen: Italiens Ex-Neo-Faschist Gianfranco Fini und Ungarns Rechtsaußen István Csurka. Ersteren zählen Herausgeber Michael Jungwirth und Autorenkollegen nach dessen Läuterung zur "klassischen Rechten", während Csurka "eindeutig ins Lager der Rechtsextremen" verwiesen wird. Was sich zwischen diesen Polen tummelt, hat Eingang ins Buch gefunden, wurde von Journalisten aus dem jeweiligen Land porträtiert.

Die Form des Porträts versprach am ehesten, "den Rechtspopulismus in seiner Buntheit zu begreifen". Außerdem steht und fällt dieses politische Phänomen mit dem Guru: "Am Beginn einer rechtspopulistischen Bewegung steht nicht die Idee, sondern der autoritäre Führer", und wo dieser fehlt, "wo kein Volkstribun da ist, kommt der Rechtspopulismus nicht vom Fleck". Das politische Porträt bietet zudem die Möglichkeit, mehr über die teilweise recht skurrilen Karrieren der einzelnen Protagonisten zu erfahren; deren familiärer Hintergrund - oft Ausgangspunkt und Inspirationsquelle für das politische Sendungsbewusstsein - bleibt dabei nicht ausgespart. Den Vogel schießt diesbezüglich Umberto Bossi ab: Jahrelang ging der spätere "Los-von-Rom"-Separatist allmorgendlich mit einer Arzttasche in der Hand zur Tür hinaus, um nach einem angeblichen Arbeitstag wieder heimzukehren. Eines Tages traf ihn seine Frau beim Flanieren in der Stadt, wurde misstrauisch, entdeckte den Betrug und ließ sich scheiden. Bossi fehlten zu seiner Promotion elf Prüfungen, die er auch nach Aufdeckung des Schwindels nicht nachholte. Stattdessen machte er sein Talent zum Beruf und verlegte sich darauf, mit Wählertäuschung erfolgreich zu sein.

Italien ist das einzige Land, das es mit Bossi und Ministerpräsident Silvio Berlusconi zu zwei Nennungen in der illustren Runde geschafft hat. Berlusconis Probleme mit der Justiz und seine zweifelhaften Versuche, jeder Strafverfolgung zu entkommen, sind kein Einzelfall unter Europas Rechtpopulisten. Vladimír MecÇiar, der slowakische Ex-Premier, weist ebenso ein politisch-kriminelles Sündenregister auf wie Polens Bauern(ver)führer Andrzej Lepper von der Schwäche der polnischen Justiz profitiert.

Ein weiteres Motiv, das viele Rechtspopulisten verbindet, ist deren finanzielle Unabhängigkeit: Machte das geerbte Bärental Jörg Haider zum Millionär, so erbte Jean-Marie Le Pen sein Vermögen von einem Zementunternehmer, der schon zu Lebzeiten als Mäzen der extremen Rechten galt. Christoph Blocher, der Schweizer Volkstribun, arbeitete sich vom armen Pfarrersohn zum Besitzer eines Milliardenunternehmens empor. Umstritten und von Gerüchten umrankt ist seine Karriere allemal, auch wenn sie hinter den Spekulationen, die der unternehmerische Erfolg Berlusconis auslöst, weit zurück bleibt.

Trotz ihres Reichtums, oft gepaart mit luxuriösem Lebenswandel, gelingt es den rechten Stars, gerade die Stimmen aus unterprivilegierten Schichten einzuheimsen. Die Erklärung für dieses Phänomen und den Erfolg der Populisten allgemein findet das Buch im Versagen der übrigen Parteien. Die Vorschläge, wie den Rechtspopulisten beizukommen sei, variieren zwischen Ausgrenzung und Einbindung. Der Grundtenor bezüglich der Möglichkeit einer Entzauberung der Zauberer ist jedoch bei den meisten Beiträgen vorsichtig optimistisch. Die Gefahr für die Demokratie sei zwar groß, aber nicht zu groß. Denn "was ihm hilft, Wahlerfolge zu erzielen", heißt es bei Polens enfant terrible Lepper, "verhindert zugleich, dass er dort hoffähig wird, wo er der Demokratie wirklich schaden könnte". Und das gilt wohl auch für die übrigen 14.

Haider, Le Pen & Co

Europas Rechtspopulisten. Hg. von Michael Jungwirth, Styria Verlag, Graz 2002, 240 Seiten, SW-Abb., geb., e 19,90

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