"An einem üblen Platz"

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Der Österreich-Konvent zum Bundesrat: viele Vorschläge, kein Konsens.

Als der Österreich-Konvent im Juni 2003 seine Beratungen aufnahm, meinte Alexander Purger in den Salzburger Nachrichten, dass dieser "an einem übel beleumundeten Platz" tage. Der Sitzungssaal des Bundesrates als "Brennpunkt der politischen Impotenz in Österreich" war für ihn ein Garant dafür, dass der Konvent scheitern würde. Welchen Einfluss der Tagungsort tatsächlich auf Beratungsverlauf und -ergebnis gehabt hat, mag dahingestellt bleiben. Eine Inspiration für die Reform des Bundesrates bot er aber nur bedingt.

Gradmesser für die Wahrnehmung eines Erfolgs oder Misserfolgs des Konvents waren von Anfang an die Reformvorschläge für Bundesstaat und Kompetenzverteilung. Dazu zählt die Trennung von Aufgaben zwischen Bund und Ländern, sowie auch deren Teilung im Sinne gemeinsamer Gestaltung und Verantwortung. Letztere wird vor allem in der Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung verwirklicht. Ihr zentrales Instrument ist laut Verfassung der Bundesrat. Faktisch kommt allerdings der Landeshauptleutekonferenz, einer informellen Einrichtung, weit größere Bedeutung zu. Seit langem wird die schwache Rechtsstellung des Bundesrates und seine untergeordnete Rolle in der politischen Realität als unbefriedigend empfunden.

Zuwenig Länderinteressen

Im Konvent haben sich daher zwei Ausschüsse mit seiner Reform befasst: Ausschuss 3 "Staatliche Institutionen" diskutierte über Zusammensetzung und Organisation des Bundesrates. Ausschuss 5 "Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden" widmete sich den Rechten des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren. Beide Ausschüsse haben eine Fülle von Vorschlägen beraten, aber letztlich keinen Konsens gefunden. Einvernehmen bestand lediglich darüber, dass der Bundesrat seine Aufgabe, die Interessen der Länder in der Bundesgesetzgebung zu wahren, nicht ausreichend wahrnehme bzw. wahrnehmen kann. Einig war man sich auch, dass die Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung weiterhin über den Bundesrat erfolgen solle. Dazu, wie das gehen soll, gab es freilich unterschiedliche Auffassungen. Eine Ausweitung der Einspruchs- und Zustimmungsrechte des Bundesrates, etwa bei Verfassungsgesetzen oder dem Finanzausgleich, blieb umstritten. Weitgehend Konsens bestand darüber, dass Wahl und Zusammensetzung des Bundesrates nicht wesentlich verändert werden sollten. Vorschläge, auch Vertreter der Landesregierungen in den Bundesrat zu entsenden, oder diesen - wie in Deutschland - zu einer Regierungsversammlung umzugestalten, fanden hingegen keine Zustimmung, da eine parlamentarische Vertretung politische Minderheiten stärker berücksichtigt. Diskutiert wurde auch, ob Bundesräte anders als heute in ihrem Stimmverhalten an Vorgaben ihres Landes gebunden sein sollen.

Solange aber keine konkreten Vorschläge für eine Neuordnung der Bund-Länder-Kompetenzverteilung auf dem Tisch lagen, war eine eingehende Diskussion über die Zukunft des Bundesrates müßig. Erst in der Schlussphase des Konvents präsentierten spö, övp, Franz Fiedler und die Landeshauptleute ihre Modelle der Kompetenzverteilung. Der övp- und der Landeshauptleutevorschlag sehen jeweils einen Ausbau der Zustimmungsrechte des Bundesrates vor. Ebenso kennen sie - wie der spö-Vorschlag - ein Modell der "doppelten Mehrheit": In bestimmten Fragen wäre nicht nur eine Zustimmung des Bundesrates, sondern auch eine Mehrheit der Länder erforderlich. Schließlich sehen alle Konzepte Instanzen der Vermittlung und Konfliktlösung vor, um einen "Blockadeföderalismus", wie aus Deutschland bekannt, zu verhindern.

Kein Blockadeföderalismus

Ausführliche Beratungen waren darüber nicht mehr möglich. Der Konvent hat seine Arbeit am 31. Jänner 2005 beendet. Er hat zwar keinen umfassenden Konsens gefunden, aber zum Teil richtungsweisende Vorschläge präsentiert. Bundespräsident Heinz Fischer hat einige davon aufgegriffen und anlässlich des Verfassungstages am 30. September 2005 präsentiert. Er plädiert für eine frühere Einbindung des Bundesrates in den Gesetzgebungsprozess und einen Ausbau der Mitwirkungsrechte des Bundesrates, etwa bei der Bestellung des Rechnungshofpräsidenten. Fischer kann sich auch eine Zustimmung des Bundesrates zu allen Verfassungsgesetzen und zum Finanzausgleich vorstellen. Das würde neben einer Aufwertung des Bundesrates eine Aufwertung der Verfassungsgesetzgebung bewirken und deren Besonderheit verdeutlichen. Schließlich sollte das ritualisierte Einspruchsverfahren in der bisherigen Form abgeschafft werden: Der Bundesrat sollte sich auf wichtige Themen konzentrieren.

Die Reformdiskussion geht also weiter. Im Nationalrat befasst sich ein Besonderer Ausschuss des Nationalrats mit den Ergebnissen des Österreich-Konvents - unter Einbeziehung von Bundesräten.

Der Autor ist Mitarbeiter im Parlamentarisch-Wissenschaftlichen Dienst der Parlamentsdirektion.

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