"Beugestrafe gegen Männer noch nie erlebt"

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Helene Klaar ist die gefürchtetste Scheidungsanwältin des Landes. Im FURCHE-Interview spricht sie über das neue OGH-Urteil zur Möglichkeit von Beugehaft-Anträgen, ihre Erfahrungen mit der Familiengerichtshilfe und das Doppelresidenz-Modell für Trennungskinder.

DIE FURCHE: Frau Klaar, was sagen Sie zum jüngsten Urteil des Obersten Gerichtshofs?

Helene Klaar: Ich kenne den konkreten Fall nicht. Aber als Juristin muss ich natürlich sagen: Recht muss auch durchsetzbar sein. Es gibt nicht viele, aber einige Frauen, die Kinder als ihren persönlichen Besitz betrachten und der Meinung sind, dass es eine Gunst ist, die sie gewähren oder nicht, ob der Vater die Kinder sehen darf. Und wenn sich Leute nicht an gerichtliche Anordnungen halten, muss man sich überlegen, wie man die Rechte des anderen Elternteils, die ja letztlich auch ein Recht des Kindes sind, effektiv durchsetzen kann. Ob das Kind den Vater wahnsinnig liebgewinnt, wenn die Mutter seinetwegen eingesperrt wird, ist eine andere Frage.

DIE FURCHE: Die Mutter könnte sich ja einfach an die Kontaktregelung halten

Helene Klaar: Ja, und angesichts einer Beugestrafandrohung wird sie diesen Kontakt sicher aus ganzem Herzen befürworten Ich jedenfalls bin immer noch sehr viel öfter mit Vätern konfrontiert, die ihre Kontaktrechte und -pflichten nicht oder nur nach Lust und Laune einhalten, und da ist die öffentliche Aufregung viel kleiner. Ich habe auch noch nie eine Beugestrafe gegen einen Vater erlebt, der von acht Besuchsterminen fünf abgesagt hat. Da sagt man eher: Der Arme hat halt nicht können.

DIE FURCHE: Zuletzt wurde die Familiengerichtshilfe evaluiert. Wie sind Ihre Erfahrungen?

Klaar: Sehr negativ. Es ist ein Verfahren, das Wochen und Monate in Anspruch nimmt, wobei auch der Rechnungshof feststellt, dass sich die Verfahrensdauer nicht verkürzt hat. Wenn überhaupt, wird nur gelobt, dass es weniger Folgeverfahren gibt -doch das kann ich nur darauf zurückführen, dass die Erfahrungen der Frauen mit der Familiengerichtshilfe so furchtbar sind, dass sie mit diesen Behören nie mehr wieder etwas zu tun haben wollen. Natürlich ist es manchmal, wenn das Auseinandersetzungslevel niedrig war, durch Clearings gelungen, eine einvernehmliche Regelung herzustellen. Aber bei schwierigen Fällen gibt es keine Wunder.

DIE FURCHE: Vätervertreter fordern, dass nach Trennungen grundsätzlich eine Doppelresidenz (Wechselmodell) vorgesehen wird, wo Kinder abwechselnd bei beiden Eltern wohnen. Auch der Europarat hat 2015 die Gesetzgeber aufgefordert, im Sinne der "gemeinsamen elterlichen Verantwortung" darauf hinzuwirken. Derzeit können Eltern das zwar in Österreich aushandeln, müssen sich aber auf einen Hauptwohnsitz einigen.

Klaar: Elfriede Hammerl hat einmal geschrieben, dass das so wäre, als würde eine Frau von zwei Männern so geliebt werden, dass sie eine Woche mit dem einen und eine Woche mit dem anderen lebt. Also ich würde das als Kind nicht haben wollen.

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