Presse - © Foto: Pixabay

Bernhard Pörksen: „Brauchen Debatte über Wert des Journalismus“

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Wie lässt sich Qualität im Journalismus refinanzieren? Diese Grundfrage ist ungelöst, sagt der deutsche Medienwissenschafter Bernhard Pörksen. Langfristig sieht er darin eine große Gefahr für die Demokratie.

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Wie lässt sich Qualität im Journalismus refinanzieren? Diese Grundfrage ist ungelöst, sagt der deutsche Medienwissenschafter Bernhard Pörksen. Langfristig sieht er darin eine große Gefahr für die Demokratie.

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Bernhard Pörksen wünscht sich den Übergang von der digitalen zur "redaktionellen" Gesellschaft, in der jeder sozusagen selbst Journalist ist. Die FURCHE sprach auch darüber mit dem Professor für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen.

DIE FURCHE: Redet man über die Türkei oder Russland, dann ist klar, dass die Pressefreiheit massiv gefährdet ist. In unseren Breiten ist das nicht vergleichbar. Dennoch: Wie sieht es mit Pressefreiheit hierzulande aus?
Bernhard Pörksen: Im Sinn einer offenen Aggression gibt es keine Gefahr. Es nehmen natürlich Angriffe von Rechtsextremen zu, und es gibt ein steigendes Medienmisstrauen. Das eigentliche Dilemma von Journalistinnen und Journalisten ist aber, dass die kostenintensive Arbeit, die sie machen, noch keine ausreichende Refinanzierung gefunden hat. Die Grundfrage des Qualitätsjournalismus lautet nämlich: Wie lässt sich Qualität refinanzieren? Diese ist noch ungelöst. Und das scheint mir langfristig eine Bedrohung journalistischer Arbeit zu sein. Wenn man ausführlich, hartnäckig, quer zum Mainstream recherchiert: Womit kann man da sein Auskommen finden?

DIE FURCHE: Was müsste passieren, dass das geschieht?
Pörksen: Wir brauchen eine große gesellschaftliche Debatte über den Wert des Journalismus. Im Moment wird diese noch viel zu sehr in den engen Zirkeln der Medienbranche geführt. Es gibt kaum öffentliche Stellungnahmen von Intellektuellen oder Wissenschaftern, Lobbyarbeit für den Wert des Journalismus findet nicht ausreichend statt. Die Gesellschaft muss sich darüber klarwerden, was auf dem Spiel steht, wenn es einen qualifizierten, rechercheintensiven Journalismus nicht mehr gibt. Dieser ist systemrelevant für die Demokratie.

DIE FURCHE: Aber zunehmend wird das Gegenteil behauptet: Qualitätsjournalismus befördere nur das Interesse der Eliten einer bestimmten Weltsicht und gehe der Wirklichkeit nicht mehr nach.
Pörksen: Wir haben ein steigendes Medienmisstrauen. Und es gibt berechtigte Medienkritik: Grenzüberschreitungen, Übertreibungen, Banalisierung, falsch gewählte Filmausschnitte, deplatzierte Symbolfotos. Auch Fälschungen und Korruption kommen vor. Aber es herrscht auch eine gefährliche, pauschale Medienverdrossenheit, ein sich ideologisch radikalisierendes Medienmisstrauen, das der Realität nicht gerecht wird. In dieser Heftigkeit ist das neu. Daher gilt es aufzuklären: Wie arbeiten Journalisten wirklich? Das ist vielen, die Medien grundsätzlich verdammen, gar nicht wirklich bekannt. Man kann nur sehr schwer mit jemandem diskutieren, der sagt: Die sind alle korrupt und Teil eines sinistren Netzwerks. Da müssen sich nicht nur die Journalistenverbände, sondern auch die anderen Mitglieder einer Gesellschaft entschieden positionieren.

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