Briefe aus Washington von Peter Millonig

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Erholung ohne Jobs

Die Wirtschaftspolitik der Regierung Bush liegt im Argen. Bis 2010 dürfte, auf der Basis unveränderter Annahmen, das Haushaltsdefizit 5,5 Billionen Dollar betragen. Das heurige Budgetdefizit in der Höhe von 422 Milliarden Dollar - das sind gleich 3,6 Prozent des BIP - ist das höchste in der Geschichte der USA. Und die gesamte Staatsverschuldung nähert sich schwindelerregenden 60 Prozent des Bruttonationalproduktes. Zeigen die Republikaner keinerlei Fiskalverantwortung? Finanzminister John Snow hat folgende Antwort parat:

Von der Regierung Clinton wurde eine Rezession übernommen, Amerika erlebte einen Börsen-Crash seiner High-Tech-Unternehmen und der Staat war nicht eingestellt auf einen Krieg gegen den Terrorismus. Die Demokraten wenden ein, dass die Rezession offiziell bis November 2001 dauerte, dass der Nasdaq Index im vergangenen Jahr um 50 Prozent zulegte und dass die zusätzlichen Staatsausgaben, verbunden mit dem Krieg gegen die El-Kaida, bei einer vernünftigen Steuerpolitik der Regierung finanzierbar wären.

Die Problematik liegt nicht in der Steuererleichterung für Haushalte und Unternehmen, sondern in der Art, wie die Steuersenkungen durchgeführt wurden. Nominal bekamen die Bezieher hoher Einkommen vom Staat viel mehr zurück als Kleinstverdiener. Warren Buffet, Amerikas bekanntester Investor, sprach sich gegen staatliche Geschenke an Reiche aus. Auch Bill Clinton konnte nicht verstehen, dass ihm das Finanzministerium 132.000 Dollar retournierte, wo doch dieses Geld besser zur Finanzierung von Sozialprogrammen verwendet werden könnte. Und überhaupt: Wie kann es sein, dass der Staat in Kriegszeiten seine Steuern kürzt?

Das Weiße Haus verkündet, dass die Steuerpolitik allmählich greife - das Wirtschaftswachstum sei im ersten Quartal 2004 auf Rekordhöhe gewesen, 1,5 Millionen Jobs konnten in den vergangenen zwölf Monaten geschaffen werden. Bei näherem Betrachten wird klar, dass Amerika eine "jobless recovery" erlebt. Unter Bush wird es einen Netto-Verlust an Arbeitsplätzen geben. Ironie am Rande: Im ersten Quartal riss die Steuersenkung ein 26-Milliarden-Loch ins Budget, das die Regierung mit der Ausgabe von Schuldverschreibungen an reiche asiatische Staaten finanziert.

Der Autor lebt als Industriekonsulent in Washington D.C. und publiziert in amerikanischen und europäischen Print-Medien.

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