Burgenlands Aufbau und der Geschmack der Macht

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Er verkörperte den Aufschwung des ärmsten Bundeslandes wie kaum einer. Wurde dann zum Symbol des janusköpfigen Erfolgspolitikers. Und hat sich heute auch aus der lokalen Öffentlichkeit völlig zurückgezogen: Am 24. Juli feiert Theodor Kery, 1966-87 Landeshauptmann des Burgenlandes, den 85. Geburtstag.

Als der aus ungarischem Kleinadel stammende, ursprünglich christlich-konservative Hauptschullehrer burgenländischer Landeshauptmann wurde, hatte seine Partei, die SPÖ, erst seit zwei Jahren die Mehrheit im Eisenstädter Landtag. Die Ära Kery wurde für die SPÖ ebenso eine Erfolgsstory, die der Partei bis heute im einzigen Bundesland außer Wien die Mehrheit sichert, wie für das Land, das in jenen Jahren wirtschaftlich wie kulturell Anschluss ans restliche Österreich fand: Errichtung von (höheren) Schulen, Straßen, Kulturzentren, Industrieansiedlungen und ein korrektes Verhältnis zu den Esterházys, der größten Grundbesitzerfamilie, kennzeichneten diese Politik der Öffnung einer Region, die kleinbäuerlich und durch in die Großstädte außerhalb des Landes pendelnde Arbeiter(innen) geprägt war. Schon vier Jahre bevor Österreich sozialdemokratisch-bürgerliche Politik à la Kreisky erfuhr, exerzierte Österreichs Benjamin ein ähnliches Erfolgsmodell vor.

Doch der burgenländische Politiker bewies nicht in gleicher Weise Augenmaß und Weltblick wie der große SP-Kanzler, dessen Reputation auch posthum noch hoch intakt ist. Denn Kery verdankte seinen Erfolg nicht nur unbestreitbar grandiosem politischem Gespür, sondern auch seinem kaum verhohlenen Griff nach Macht: Parteibuchwirtschaft, herrscherlich-herrischer Führungsstil, Privilegienvorwürfe waren typisch für ein System von Abhängigkeiten, das eine Zeitlang die Macht zementierte, den Autokraten aber letztlich ebendiese kostete. Auch zur eigenen - nicht bedeutenden - NS-Vergangenheit zeigte Kery kaum Berührungsängste, geschweige denn Einsicht: "Ich war bei vier Wahlkämpfen SPÖ-Spitzenkandidat. Und wenn mir politische Gegner meine Vergangenheit vorgeworfen haben, so hatte ich nur Vorteile daraus", so einer seiner mit der "Kriegsgeneration" kokettierenden Aussprüche.

1987 führten Affären und inner- wie außerparteilicher Rumor zum Verlust der absoluten SP-Mehrheit im Burgenland - und zum Rücktritt Kerys. Als Fußnote von Kerys öffentlicher Karriere folgte ein paar Jahre später in der Causa Sinowatz-Worm (Stichwort: Waldheims "braune Vergangenheit") noch eine Verurteilung zu einer Geldstrafe wegen falscher Beweisaussage.

Seit Jahren meidet Kery - dessen Geburtstage, als er Landeshauptmann war, fast wie ein Landesfeiertag begangen wurden - strikt jedes öffentliche Auftreten. "Er wurde nicht verschont von böswilliger Kritik, von ungerechten Angriffen und Unterstellungen; aber all das ist vergessen, denn es bleibt das Werk als Gesamtheit und der Mensch in seiner Größe", resümierte sein enger Weggefährte Fred Sinowatz im Vorwort einer Kery-Biografie.

In der Öffentlichkeit taucht Kerys Name nur mehr durch die nach ihm benannte Stiftung auf, die herausragende Leistungen von Burgenländern und im Zusammenhang mit dem Burgenland prämiert. Und Theodor-Kery-Straßen erinnern noch in einigen burgenländischen Orten daran, dass einst die Gemeindeväter ihrem "Landesherren" schon zu Leb- und Amtszeiten ein Denkmal setzen wollten. Otto Friedrich

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