"Chancen statt Schulden"

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Oberösterreich steht im Wettbewerb mit den besten Regionen der Welt, sagt Landeshauptmann Thomas Stelzer. Um besser zu werden, brauche es immer etwas Unzufriedenheit.

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Oberösterreich steht im Wettbewerb mit den besten Regionen der Welt, sagt Landeshauptmann Thomas Stelzer. Um besser zu werden, brauche es immer etwas Unzufriedenheit.

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Aus dem wirtschaftlichen Aufschwung 2018 möchten wir eine nachhaltige Entwicklung schaffen, die den Zuwachs an Wertschöpfung und Arbeitsplätzen mehrere Jahre hindurch sichert.

Der Landeshauptmann möchte aus Oberösterreich ein pulsierendes und spannendes Zentrum machen, wo Menschen Möglichkeiten haben, die ihnen andere Länder nicht bieten.

Die Furche: Herr Landeshauptmann, Halbzeit im "Jahr der Möglichkeiten 2018" für das "Land der Möglichkeiten" Oberösterreich -wie haben Sie und Ihr Regierungsteam diese Möglichkeiten bereits genutzt?

Thomas Stelzer: Wir nutzen diese Möglichkeiten ständig und haben Dinge in Angriff genommen, die andere Länder noch vor sich haben -in der Haushaltspolitik, der Sozialpolitik oder in der Standortentwicklung sind wichtige Schritte gelungen. Die Neuausrichtung des Landeshaushalts ohne neue Schulden gibt uns vor allem notwendigen Spielraum für wichtige Zukunftsinvestitionen, zum Beispiel in den Breitbandausbau im ländlichen Raum, in die Schaffung von hunderten zusätzlichen Wohnplätzen für Menschen mit Beeinträchtigung, in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs oder die Wissenschaft und Forschung.

Die Furche: Der von Ihnen erwähnte Paradigmenwechsel in der Finanzpolitik unter dem Motto "Chancen statt Schulden" hat Ihnen in der Presse den Titel "Eiserner Sparefroh" eingebracht. Wer Sie kennt, der weiß, Sie tragen den Titel durchaus mit Stolz -stimmt's?

Stelzer: Wir sind angegangen, was angestanden ist. Mit dem Haushalt 2018 geben wir nicht mehr aus, als wir einnehmen. Wir machen erstmals seit 2010 keine neuen Schulden und bauen sogar Schulden ab. Das halte ich für ganz wesentlich. Denn jedes Unternehmen und jede Privatperson muss vernünftig haushalten -dasselbe muss auch für die Politik gelten. Wenn mit dieser Entscheidung ein solcher Titel einhergeht, dann soll es so sein.

Die Furche: Ihre Umfragewerte und die Bewertung des Landes durch Ratingagenturen geben Ihnen Recht, wenn Sie sagen, "die Glaubwürdigkeit einer Regierung zeigt sich im Umgang mit Geld". Aber was sagen Sie Kritikern, die sagen, ein Bundesland lasse sich nicht wie ein Konzern führen?

Stelzer: Als starkes Wirtschafts-und Industrieland ist es wichtig, dass die Investoren Vertrauen in unseren Standort haben. Gerade in einer Phase, in der die Wirtschaft gut läuft, ist der richtige Zeitpunkt für diesen neuen Weg im Landeshaushalt. Aus dem wirtschaftlichen Aufschwung 2018 möchten wir eine nachhaltige Entwicklung schaffen, die den Zuwachs an Wertschöpfung und Arbeitsplätzen mehrere Jahre hindurch sichert. Mein Credo heißt "Chancen statt Schulden" und konsequent dran bleiben -denn dann gibt es einen großen Gewinner: die nächsten Generationen in unserem Land.

Die Furche: Sie haben beim Start ins "Jahr der Möglichkeiten" gesagt: "Willst du weiterkommen, musst du nach OÖ kommen!" Wie ist dieser Aufruf zu verstehen?

Stelzer: Das heißt nichts anderes, als dass Oberösterreich ein neues, pulsierendes und spannendes Zentrum werden soll, das die Besten anzieht. Bei uns sollen die Menschen Möglichkeiten haben, die ihnen andere Länder nicht bieten können: zum Arbeiten, Unternehmen, Ideen Entwickeln und Forschen, in der Bildung und beim Studieren, beim kulturellen Schaffen, zum guten und sicheren Leben. Das sehe ich als meinen Auftrag als Landeshauptmann, aber auch als Anspruch an mich selbst.

Die Furche: Sie reden von einem motivierenden Wettbewerb zwischen den Bundesländern und Regionen

Stelzer: Wir stehen nicht nur im Wettbewerb mit den Bundesländern, sondern mit den besten Regionen der Welt. Um hier bestehen zu können, müssen wir schneller sein und uns ständig weiterentwickeln, sonst ziehen die anderen an uns vorbei. Wir wollen zu den Besten gehören. Daher müssen wir immer etwas unzufrieden sein -nur so können wir stetig besser werden.

Die Furche: Apropos Föderalismus, Sie haben eine "Entwirrung" gefordert. Was sollte bei der Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern entwirrt werden?

Stelzer: Wir sind beim Thema Bund-Länder-Kompetenzen an einem Punkt angelangt, wo wir vom Reden ins Tun kommen müssen. In Oberösterreich sind wir beispielsweise mit dem Vorhaben, die Zusammenarbeit zwischen Bezirkshauptmannschaften und Magistraten zu intensivieren, an die bundesverfassungsrechtlichen Grenzen gestoßen. Wir konnten nicht so weit gehen, wie wir eigentlich wollten. Die Landeshauptleute und die neue Bundesregierung haben sich bereits auf eine Neuregelung der Kompetenzen verständigt. Anfang Juni wurde der Gesetzesentwurf in Begutachtung geschickt. Darin wird zum Beispiel Artikel 12, die Grundsatz-und Ausführungsgesetzgebung zwischen Bund und Ländern, neu definiert. Ein wirklich notwendiger Schritt, um Österreich nach vorne zu bringen.

Die Furche: Ihre Landesregierung hat ein Integrationsleitbild über alle Parteigrenzen hinweg einstimmig beschlossen - das ist nicht selbstverständlich bei so einem polarisierenden Thema. Was ist Ihnen am Integrationsleitbild besonders wichtig?

Stelzer: Mit dem neuen OÖ. Integrationsleitbild reagieren wir auf die gesellschaftlichen Herausforderungen. Es ist ein Kompass für ein erfolgreiches Zusammenleben in Oberösterreich, Ausdruck unserer Grundhaltung zur Integration und zum gesellschaftlichen Miteinander. Mit diesem Integrationsleitbild wollen wir Orientierung schaffen und Brücken bauen, aber auch klar und deutlich vermitteln, wie wir uns das gemeinsame Leben in unserer Heimat vorstellen. Dazu gehört ein klares Bekenntnis zur gemeinsamen Sprache Deutsch und zu unserem Wertegerüst. Ich will ein gutes Miteinander in Oberösterreich, kein Nebeneinander und schon gar kein Gegeneinander.

Die Furche: Abschließend noch eine Frage an Sie als Kultur-Landeshauptmann: Von den vielen kulturellen Highlights dieses Jahres - was ist Ihr Favorit?

Stelzer: Es gibt unzählige kulturelle Highlights in unserem Bundesland. Alleine hinter der Marke "OÖ. Kultursommer" stecken 50 hochqualitative Festivals, die in den Sommermonaten in Oberösterreich stattfinden. Sich auf nur ein Highlight festzulegen, wäre vermessen. Eine Besonderheit ist sicherlich das Konzert von Martin Grubinger am Linzer Domplatz, das am 5. Juli erstmals live in ORF 2 übertragen wird. Das ist natürlich eine großartige Chance für das Bundesland Oberösterreich, sich über die Grenzen hinaus als modernes Kulturland zu präsentieren.

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