Condi, reden wir über Murat!

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Genau vor einem Jahr hat die Furche vom "Sohn in Guantánamo" berichtet: Murat Kurnaz, ein Bremer Schiffsbaulehrling, sitzt seit Dezember 2001 im "karibischen Gulag", zuvor wurde er in Pakistan als vermeintlicher "feindlicher Kämpfer" verhaftet und gegen Kopfgeld an die usa ausgeliefert. Murat Kurnaz' Bremer Anwalt Bernhard Docke kämpft seither für die Freilassung seines Mandanten und fühlt sich ins "Mittelalter zurückversetzt, wo es noch keine Menschenrechte gab"; und Murats Mutter, Rabiye Kurnaz, hofft nach wie vor, dass ihr Sohn wieder einmal "ein normales Leben anfangen kann".

Laut dem Urteil von us-Bundesrichterin Joyce Hens Green im Juli dieses Jahres gibt es "keine die Inhaftierung von Herrn Kurnaz rechtfertigende Faktenlage" und "seine Bestimmung zum feindlichen Kämpfer ist rechtswidrig". Trotzdem wird dem Bremer die Freilassung verweigert, die us-Regierung ist in die Rechtsmittel gegangen und Murat bleibt als Häftling jjjfa die fünften Weihnachten in Folge auf Guantánamo eingesperrt.

An die Tragödie von Murat Kurnaz zu erinnern, ist dringend nötig, wenn jetzt in Pressekommentaren zur Europa-Reise von us-Außenministerin Condoleezza Rice von der amerikanischen, aber auch von der europäischen Seite "diplomatisches Fingerspitzengefühl" eingefordert wird, um das mühsam gekittete transatlantische Verhältnis nicht wieder zu belasten.

Was heißt hier Fingerspitzengefühl? Die cia-Gefangenenflüge über Europa sind ein Rechtsbruch, die us-Geheimgefängnisse detto. Und alle, die Condi treffen und ihr nicht vorwerfen, dass in Bremen ein Anwalt für seinen ohne Beweise festgehaltenen Mandanten in Guantánamo kämpft und eine Mutter auf ihren ohne Beweise festgehaltenen Sohn wartet, machen sich mitschuldig an dieser himmelschreienden Verhöhnung von Recht und Gerechtigkeit.

wolfgang.machreich@furche.at

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