"Das Aufbrechen mafiöser Strukturen"

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Der kolumbianische Jesuit Fernando Torres, Mitarbeiter der ökumenischen Bildungseinrichtung Kairos, über die ersten Monate der Präsidentschaft Santos' und den Versuch, alte Strukturen des Landes aufzubrechen.

DIE FURCHE: In den nächsten Jahren könnte es in Kolumbien zu einer Politik von mehr Rechtsstaatlichkeit kommen. Wie sehen Sie die Chancen für Veränderungen unter dem neuen Präsidenten Juan Manuel Santos?

Fernando Torres: Die ersten Maßnahmen von Präsident Santos haben wohl viele von uns überrascht. Wir waren so gut wie überzeugt davon, dass der neue Staatschef seinem Vorgänger und dessen Handlangern den Rücken stärken würde und dass er statt der Politik der "Demokratischen Sicherheit" von Uribe eine Politik des "Demokratischen Wohlstands" mit gewissen sozialen Abfederungen durchführen wird, nichts weiter. Also im Wesentlichen alles wie ge habt. Doch statt dessen erlebten wir eine gewisse Neu orientierung des Establishments, der "dezenten Rechten", wie ich sie gerne bezeichne. Diese scheint nun zum Uribismus auf Distanz gehen zu wollen. Das weist auf einen ziemlichen Wechsel in der Politik der nächsten Jahre hin, hin zu mehr Rechtsstaat, zu mehr Legitimität, auch zu einer Verbesserung des internationalen Images weg von einer Gesellschaft des Assistenzialismus, also der Almosenwirtschaft, wie sie Uribe eingeführt hat, hin zu einem System der verstärkten Produktivkraft.

DIE FURCHE: Glauben Sie, dass in Zukunft die Geschichte der kriminellen Machenschaften in der achtjährigen Amtszeit Uribes aufgearbeitet wird?

Torres: Durch das Aufzeigen einiger beispielhafter Fälle soll ein vorteilhaftes internationales Image geschaffen werden. Doch die mafiöse Struktur, die unter Uribe vor allem in den Ministerien aufgebaut wurde, ist weiterhin intakt. Das Aufblättern und Zerbrechen dieser Strukturen wird sehr schwierig sein. Dazu müsste der Präsident intern neue Bündnisse schließen, zum Beispiel auch mit der katholischen Kirche Kolumbiens und auch mit den evangelikalen Kirchen sowie mit sozialen Organisationen. Das könnte große Auswirkungen für die Zukunft haben, und es gibt bereits Anzeichen für eine engere Zusammenarbeit zwischen dem neuen Präsidenten und dem neuen Vorsitzenden der Katholischen Bischofskonferenz, Rubén Salazar, der von der Sozialpastorale kommt.

Das Gespräch führte Werner Hörtner

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