Das Budget kann warten

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Die Regierung will erst im Dezember, nach den Landtagswahlen, ihren Entwurf für den Bundeshaushalt 2011 vorlegen. Die Empörung darüber ist unberechtigt: Budgetbeschlüsse vor Wahlen sind einfach zu teuer, wie sich 2008 zeigte.

Das muss man erst schaffen: Mit einer in ihrer veröffentlichten Form nur unvollständigen Begründung kommen Bundeskanzler Werner Faymann und Finanzminister Josef Pröll zu einer völlig richtigen Schlussfolgerung. Sie wollen ihren Entwurf für das Budget 2011 später, als es die Verfassung vorsieht, dem Parlament vorlegen. Sie argumentieren mit der nur schwierig abzuschätzenden wirtschaftlichen Lage, deren genaue Kenntnis aber Voraussetzung zur Budgetplanung sei.

Die Kritik aber lautet: Das Budget werde dem Nationalrat erst dann vorgelegt, wenn die im September und im Oktober angesetzten Landtagswahlen in der Steiermark und in Wien geschlagen seien. Das sei Feigheit vor dem Wähler, dem man die schlechten Nachrichten der Budgetsanierung nicht vor den Wahlen mitteilen wolle, um so das Risiko zu vermeiden, Stimmen zu verlieren. Diese Kritik haben Faymann und Pröll antizipiert und aufgenommen, verlegen den Budgetfahrplan aber in Wahrheit, um das Budget vor sich selbst und Populisten in Sicherheit zu bringen

Die Zeit vor Wahlen ist stets am teuersten

Die Kritik mag zutreffend sein. Aber besser ist es allemal, jegliche Art von budgetwirksamen Beschlüssen vor Wahlen absolut und vollständig zu unterlassen. Die Lektion aus dem Jahr 2008 sitzt den Steuerzahlern noch tief in den Brieftaschen.

Wenige Tage vor der Nationalratswahl des 28. September 2008 verabschiedeten die Koalitionsparteien im Nationalrat einen Sack voller Wahlzuckerln. An diesem Mittwoch, vier Tage vor der Wahl, war man sich nicht einmal einig darüber, was das Paket insgesamt an Kosten auslöst: Nur 1,3 oder doch 2,7 Milliarden Euro? Egal: Heute ist man sich in der Regierung einig darüber, dass der Wettlauf in Sachen Populismus und Stimmenkauf ein teurer Fehler war, der einen budgetären Sanierungsbedarf von gut drei Milliarden Euro auslöste. Daher ist es zu begrüßen, wenn eine ohnedies nicht zur Standhaftigkeit neigende Politik sich die Belastungsprobe einer Budgetdebatte unmittelbar vor Wahlen erspart.

Die Causa Budget 2011 wird so oder so mühsam genug, denn mit der Budgetdebatte pflastern Sozialdemokraten und Volkspartei ihren jeweiligen Weg in den Wahlkampf zur nächsten Nationalratswahl. Dieser wird unausweichlich eine äußerst harte Konfrontation.

Die Sozialdemokraten sind mit der von ihnen plakatierten Gerechtigkeit wieder auf den Geschmack des Klassenkampfes gekommen, verlieh ihnen diese Parole doch Aufwind. Die Volkspartei hingegen ist, einmal mehr, darauf angewiesen, ihren finanzpolitischen Kurs des bewährten Kaufmannes zu halten. Doch wie die Dinge liegen, wird sie an ihren Begründungen dafür noch zu feilen haben, will sie nicht in kurzer Zeit von ihrem Regierungspartner die nicht mehr abwaschbare Tätowierung des Beschützers von Reichen und von Erben eingeritzt bekommen.

Weichenstellung für die Budgetdebatte

Vor diesem Hintergrund zeigt sich, wie sehr die Wahlen in der Steiermark und vor allem jene in Wien am 10. Oktober eine Vorentscheidung über den Budgetkurs mit sich bringen werden. Denn gehen die Sozialdemokraten gestärkt daraus hervor, werden sie flugs ihre bis dahin ausgearbeiteten Pläne etwa für eine Vermögenssteuer präsentieren. Gehen für die SPÖ hingegen in der Steiermark der Landeshauptmann und in Wien die absolute Mehrheit verloren, wird für die Volkspartei dieser Sieg der Vernunft keine Grenzen kennen.

In jedem Fall ist die Zeit der Schönwetterpolitik, der Umverteilung reichlich sprießender Steuereinnahmen und des Stimmenkaufs unter der politischen Klientel im Begriff, abzulaufen. Es muss weder kalt werden im Staate Österreich, noch soll ein unsoziales, ungerechtes Klima seinen Einzug halten. Aber es werden teils harte Einschnitte, teils grundsätzliche, strukturelle Reformen notwendig sein. Diese mögen in Entwürfe für Budgetgesetze gegossen werden. Dafür nehmen wir etwas Wartezeit bis nach den Landtagswahlen leicht in Kauf.

* claus.reitan@furche.at

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