Das Ende des Goldenen Pensions-Zeitalters

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Auch wenn es sich anders anfühlt: Nie ging es Pensionisten so gut wie heute, besagt eine neue Studie der OECD. Für Rentner der Zukunft gilt das nicht: Alle werden länger arbeiten müssen - und deutlich weniger Pension bekommen.

Der Bildschirmschoner von Wolfgang Mazal, Österreichs führendem Arbeits- und Sozialrechtler, zeigt einen kiefernüberzogenen Strand vor ruhiger See. Fünf Tage nachdem er das Foto aufgenommen hat, war diese Idylle zerstört. Im März 2011verwüstete der Tsunami die japanische Stadt Sendai, die Mazal kurz davor besucht hatte. "Auf dem Bild sind die tektonischen Spannungen unter der Oberfläche nicht sichtbar“, leitet Mazal symbolträchtig ein. Er spricht nicht über Erdbeben, sondern über das Pensionssystem. Auch hier, so sein Schluss, brodelt es kräftig unter der Oberfläche. Seit Jahren drängt der Jurist auf einen Umbau des Pensionssystems. Rückendeckung bekommt er diese Woche - zum wiederholten Mal - von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Pensionsantrittsalter anheben

In deren neuer Studie "Pensions Outlook 2012“ werden die Pensionssysteme der Mitgliedsstaaten auf ihre Zukunftstauglichkeit überprüft. Das düstere Fazit: "Es mag sich zwar vielleicht nicht so anfühlen, die heutigen Rentner leben jedoch in einer Phase, die sich einmal als Goldenes Zeitalter für Rentner erweisen könnte.“ Wer aber heute noch arbeitet, wird das deutlich länger tun müssen als bereits Pensionierte. Und wenn ihr Erwerbsleben zu Ende ist, werden sie deutlich niedrigere Renten beziehen. Wer heute zu arbeiten beginnt und bis zum Regelpensionsalter durchgehend beschäftigt bleibt, wird im Schnitt eine staatliche Nettopension in der Höhe von 50 Prozent seines Nettoverdienstes erhalten, errechnet die OECD. Heute bekommen österreichische Pensionisten im Schnitt fast 90 Prozent ihres letzten Nettogehaltes.

Grund dafür ist die Lebenserwartung. Die wird in den OECD-Ländern in den nächsten 50 Jahren bei der Geburt voraussichtlich um 1,7 Monate pro Jahr ansteigen, also alle sieben Jahre um ein zusätzliches Jahr. Gleichzeitig kommen immer weniger Beitragszahler nach.

Die Leute länger im Job zu halten, habe daher oberste Priorität, so die Autoren. Viele Regierungen haben diese Empfehlung bereits beherzigt: In 28 von 34 OECD-Ländern ist eine Anhebung des Renteneintrittsalters schon beschlossen oder geplant. "Allerdings hält die Erhöhung nicht immer Schritt mit der Steigerung der Lebenserwartung“, kritisiert OECD-Generalsekretär Angel Gurría. In Dänemark oder Italien gibt es bereits eine Koppelung des Renteneintrittsalters mit der Lebenserwartung - in Österreich nicht. Die Folgen lassen sich errechnen: 2030 wird, statistisch gesehen, jeder Erwebstätige einen Pensionisten finanzieren müssen. Die Budgetzuschüsse für Pensionen, heute bereits 9 Milliarden Euro pro Jahr, werden sich bis dahin mehr als verdoppeln.

Auch Mazal ist überzeugt, dass Menschen länger im Erwerbsleben bleiben müssen: "Im Jahr 1906, als das erste Pensionsgesetz für die Privatangestellten in Kraft getreten ist, war das Pensionsalter von 65 Jahren eines, das nur zehn Prozent der Leute erlebt haben“, erinnert er. Mittlerweile gehen die Österreicher im Schnitt mit 58,1 Jahren in Pension. "Natürlich ist es eine Schlüsselaufgabe, Arbeit zu humanisieren und gesund zu gestalten, damit sie auch von Älteren ausgeführt werden kann“, sagt Mazal. Als Positivbeispiel führt er Japan an, das Land mit der höchsten Lebenserwartung: Dort endet das Regelarbeitsverhältnis mit 60, danach arbeiten die Menschen - meist für weniger Gehalt - in anderen Tätigkeiten weiter, etwa in der Qualitätskontrolle, als Coach oder im Wissenstransfer. "Das Einkommen dient als Überbrückung“, erklärt Mazal, "man geht später in Ruhestand und hat dann eine höhere Pension.“

Private Altersvorsorge als Pflicht?

Doch einfach länger zu arbeiten, wird nicht reichen, meint die OECD. Sie warnt davor, dass künftig auch in Staaten wie Japan, wo private Altersvorsorge nur freiwillig ist, viele in der Pension mit Einkommenseinbußen rechnen müssen und die Altersarmut ansteigt. Der Bericht spricht sich daher für den Ausbau der privaten Pensionsvorsorge aus, am besten verpflichtend. In Neuseeland gibt es ein derartiges System schon, in Großbritannien wird es im Herbst eingeführt. In anderen Ländern - darunter auch Österreich - wurden die staatlichen Förderungen für private Zukunftsvorsorgen im Zuge der Sparprogramme gekürzt. Und das, obwohl schon jetzt in kaum einem OECD-Land so wenig in private Altersvorsorge investiert wird wie in Österreich.

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