Das Gerangel mit den enttäuschten Wählern

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Da staunten die Sekretärinnen uns Sekretäre des Grünen Klubs im Wiener Rathaus nicht schlecht, als im Frühjahr binnen weniger Wochen statt einer Handvoll externer Partei-Unterstützer plötzlich mehr als 300 Ansuchen um Aufnahme eintrudelten. Nicht dass die Grünen nicht über jedes potenzielle Mitglied froh wären. Doch das war selbst den aufgeschlossensten unter den Klubmitgliedern zu viel. Denn die begeisterten Schreiber wollten nicht so sehr finanzielle oder ideologische Unterstützung anbieten - so die Mutmaßung -, sondern nur eines: Wählen. Und zwar die Liste der grünen Abgeordneten für die Gemeinderatswahlen 2010.

Der Gedanke ist ja auch zu verlockend: Während bei anderen Parteien bloß Parteimitglieder oder Delegierte die Listen für die Wahlen festlegen können, dürfen das bei den Grünen auch Menschen, die nicht Mitglied sind, sondern bloß "Unterstützer". Diese Spezies braucht dazu nicht mehr als ein Schreiben an den Grünen Klub mit dem Ersuchen um Anerkennung. Von dieser Regelung nahm bisher kaum jemand Notiz. Die Zahl der wahlberechtigten Unterstützer lag bei etwa 30.

Was nun aber tun mit den neu hinzugekommenen 370 Stimmen, die mit Leichtigkeit die 400 normalen Basis-Mitglieder überstimmen könnten? Im Rathausklub entstand die Sorge, eine liberale Gruppierung innerhalb der Grünen könnte sich mit unlauteren Mitteln an die Macht "putschen". Entsprechende Äußerungen gab es unter anderem von Gemeinderat David Ellensohn, der die relative Mehrheit der "Linken" im Klub gefährdet sah. Andere Grüne wähnten schon einen Comebackversuch des ehemaligen Grünen-Chefs Christoph Chorherr zulasten von Maria Vassilakou oder die Wahlbewegung eines kurdischen Clans, der zwei seiner Mitglieder gerne an aussichtsreicher Stelle auf der Liste platziert hätte.

Bloggers Fluch

Wie sich nach kurzen Nachforschungen herausstellte, handelte es sich bei den unwillkommenen Unterstützern um Internet-Piloten, die die Plattform "Grüne Vorwahlen" ins Leben gerufen hatten, "weil die Grünen Veränderung brauchen". Die Initiatoren greifen unter anderem massiv den angeblich nicht existierenden Wahlkampf der grünen Kandidaten an. Ziel sei es, "die nicht gezogenen Schlüsse aus der Nationalratswahlen im Herbst oder verpasste Chancen bei der Europawahl" zu thematisieren. Im grünen Sekretariat will man festgestellt haben, dass mehrere Unterstützungserklärungen zwar verschiedene Namen aufwiesen, aber nur eine Handschrift. Die Reaktion der Parteiführung: Ein Drittel der Blogger wurde aufgenommen, der Rest muss seine plötzliche Liebe für die Grünen begründen und kann abgewiesen werden. (tan)

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