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Die Ukraine will wirtschaftliche und politische Autonomie und macht sich fit für richtungsweisende Wahlen im September.

Geografisch der Mittelpunkt Europas, wirtschaftlich ein Schwellenland, doch politisch ist der viel diskutierte EU-Beitritt nicht einmal beantragt: Die Ukraine als Emerging Market war Schwerpunktland der Reformgespräche. Die Direktorin für wirtschaftliche Zusammenarbeit im ukrainischen Wirtschaftsministerium Nataliya Ryabtseva folgerte: "Geografisch sind wir das Herz Europas, also würden wir natürlich auch praktisch gern Teil Europas sein."

Standards wichtiger als EU

Sie sieht die EU als Rollenvorbild für Menschenrechte, Meinungsfreiheit und vieles mehr und hält einen Beitritt für gar nicht so wichtig, wenn es denn gelingt, EU-Standards zu erreichen. In der Bevölkerung erkennt sie nach 300 Jahren Kampf um die Unabhängigkeit große Vorbehalte, die noch junge Souveränität sofort wieder zu beschneiden.

Der aus Russland stammende Ökonom am Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche, Vasily Astrov, dagegen meinte, in der Ukraine herrsche ein landesweiter Konsens darüber, der EU beizutreten. Er sieht die Größe des Landes (46 Millionen Einwohner) und Angst von Politikern, Russland durch ein Eintreten für die Ukraine zu verstimmen, als Kernursachen der ablehnenden Haltung der EU.

Die EU fordert vor allem den Beitritt zur Welthandelsorganisation WTO, eine weitere Adaptierung des Wirtschafts- und Rechtssystems und Verwaltungsreformen als Voraussetzungen, so Vibeke Roosen Bell, Desk Officer für Ukraine bei der Europäischen Kommission. Sie betonte auch die Notwendigkeit eines Rahmens zur Förderung heimischer und ausländischer Investitionen.

Energie ist die Kernfrage

Zentrales Thema ist die Energie: Die Export-Produktion der Ukraine konzentriert sich auf energieintensive Rohstoffe wie Metalle und Chemikalien, das dafür nötige Öl und Gas müsse importiert werden und mache ein Drittel der Importe aus. Das führt zu einer starken Koppelung an Russland, das 80 Prozent seiner Gasexporte durch die Ukraine führen muss.

Der Energieverbrauch in Relation zum BIP ist 22-mal so hoch wie in Deutschland, betont Peter Lennkh, der für die Raiffeisenzentralbank in der Ukraine zuständig ist. Er sieht hier ein hohes Potenzial für erneuerbare Energie und Energieeffizienz. Das betonte auch Ryabtseva, die Infrastruktur-Erneuerungen für sehr dringlich hält, aber durch die EURO 2012 sehr optimistisch ist.

Der Einschätzung, dass vieles mit der Energiefrage steht und fällt, schloss sich Stephan Barisitz, Ökonom der Österreichischen Nationalbank, an und verwies auf das Wirtschaftswachstum von über sieben Prozent des Bruttoinlandsproduktes, doch ausgehend vom niedrigen Niveau von 84 Milliarden Euro und einer Inflation von zehn Prozent. Er ist wie Lennkh und Roosen Bell der Ansicht, dass das instabile politische Klima die Wirtschaft schwächt, wodurch die Neuwahlen Ende September und ihr Effekt auf das Erbe der Orangen Revolution mit Spannung erwartet werden.

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