"Den Blick schärfen, wo es welche Risiken gibt"

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Über "Aspekte der Nanotoxikologie" referierte Myrtill Simkó vom Institut für Technikfolgenabschätzung (ITA) am Bionanomedizin-Kongress in Krems. Die FURCHE sprach mit der Professorin für Zellbiologie über Chancen und Risiken der Nanotechnologie.

Die Furche: Frau Professor, nicht jede technische Entwicklung wird von Technikfolgenforschern begleitet. Warum gibt es Gelder für die Beobachtung der Nanotechnologie?

Myrtill Simkó: Natürlich gibt es ein enormes wirtschaftliches und politisches Interesse an der Nanotechnologie, weil man sich von ihr unzählige innovative Produkte erwartet. Da will man keine Fehler machen. Früher gab es ja den Asbestfall. Und auch die Gentechnik hat zu Schwierigkeiten geführt. Ich denke, dass man aus diesen Vorkommnissen gelernt hat - und sie in Zukunft vermeiden möchte.

Die Furche: Sehen Sie denn Parallelen zwischen Gentechnik und Nanotechnologie?

Simkó: Die Präsenz in der Öffentlichkeit ist eine ganz andere: Viele Menschen verstehen gar nicht so richtig, was Nanotechnologie ist. Das sind halt Produkte mit kleinen Teilchen. Die Manipulation des Erbguts wurde da als ein viel dramatischerer Eingriff wahrgenommen.

Die Furche: Ihr Forschungsprojekt heißt Nanotrust. Wer soll hier wem vertrauen?

Simkó: Gute Frage. Wir wollen den Blick dafür schärfen, wo es welche Risiken gibt. Wir kommunizieren dabei mit verschiedenen Akteuren, etwa den Politikern. Und da wir sehr wissensbasiert arbeiten, hoffen wir, dass man uns zuhört und vertraut.

Die Furche: In Ihrem Vortrag meinten Sie: Es fehlen auch Methoden zur Bestimmung der Schädlichkeit von Nanopartikeln. Das Unwissen ist demnach groß. Das ist doch wenig vertrauenserweckend.

Simkó: Die Technologie entwickelt sich schneller als die Toxikologiebewertung. Aber das ist oft so. Bei elektromagnetischen Feldern etwa war das auch so.

Die Furche: Bei Handystrahlen?

Simkó: Ja, jeder benützt das Handy. Die Forschung geht davon aus, dass die Strahlen nicht bedenklich sind - und Studien zeigen das auch. Und der normale Verbraucher ist nicht so vielen Nanopartikeln ausgesetzt. Bedenklich ist es vielleicht bei beruflich exponierten Personen. Die wirkliche Problematik ist hier aber, dass die Arbeitsschutzgesetze oft nicht befolgt werden.

Die Furche: Angesichts der Tatsache, dass die Wissenschaft so wenig über die Schädlichkeit weiß - über Nanotech-Kosmetika, Nanotech-Lebensmittel -, warum sind die Konsumenten nicht kritischer?

Simkó: Die Konsumenten wissen wenig und der Begriff "Nano" ist positiv besetzt. Außer bei Lebensmitteln, die sollen natürlich sein. Bei Kosmetika ist bekannt, dass die Nanopartikel die Wirkstoffe tiefer in die Haut reinbringen - das ist durchaus erwünscht.

Die Furche: Dafür werden aber nicht nur biologisch abbaubare Nanopartikel eingesetzt, sondern auch künstliche Fullerene.

Simkó: Genau. Ob aber Fullerene in Kosmetika sind - selbst wenn das so angegeben wird - wissen wir nicht, weil wir sie nicht nachweisen können. Auch muss man sagen: Diese Inhaltsstoffe sind prinzipiell alle zugelassen. Unklar ist aber, ob sich die Nanoform anders verhält als größere Formen.

Die Furche: Sehen Sie da nicht einen Bedarf für eine Abänderung der Gesetze?

Simkó: Diese Frage lässt sich nicht so pauschal beantworten. Es gibt viele Pros und Contras. Ich persönlich glaube, dass man nicht alles regeln muss. Schließlich hoffe ich auch, dass die Hersteller daran interessiert sind, dass ihre Produkte ungefährlich sind.

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