Der Aufbruch der Graswurzel-Genossen

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* Die Causa Pelinka ruft den SPÖ-Nachwuchs auf den Plan. Der spart nicht mit * Kritik an der Partei und schmiedet Pläne für den nächsten Bundesparteitag.

Zu angepasst, zu karriereorientiert, zu unerfahren, zu jung. Die Kritik an Niko Pelinka, 25, dem designierten Büroleiter von ORF-General Alexander Wrabetz, ist vielseitig. Und sie kommt nicht nur von politischen Gegenspielern. Auch Altersgenossen innerhalb der SPÖ sprechen sich vehement gegen die politische Postenvergabe am Küniglberg aus: "Ich hoffe, dass jemand anderer Büroleiter wird“, sagt Wolfgang Moitzi, 27, Vorsitzender der Sozialistischen Jugend, deutlich.

Beim Aufschrei des SPÖ-Nachwuchs geht es aber längst nicht nur um den Fall Pelinka: "Freunderlwirtschaft ist in Österreich ein generelles Problem: Auch wer eine Uni-Karriere anstrebt, braucht einen Mentor, der einen durchleitet“, meint Mirijam Müller, 24, Vorsitzende des Verbands Sozialistischer Studentinnen. Die Kritik der Jungen setzt viel tiefer an: Beim Zustand der Partei.

Die Jungen fordern Kulturwechsel

In den Jugendorganisationen der SPÖ bemerkt Müller nämlich einen großen Verdruss: "Viele haben gar keine Lust, in der Partei etwas zu werden. Sie haben das Gefühl, dass sie Entscheidungen von oben einfach mittragen müssen.“ Nikolaus Kowall, 29, Leiter der aufmüpfigen Wiener Sektion 8, konstatiert: "Die Partei funktioniert über weite Teile kommerzialisiert. Sie arbeitet wie eine Firma, verkauft Produkte, bringt Marketingslogans an, nimmt Leute als Konsumenten wahr.“ Das möchte die Jugend ändern. Die Forderungen der unterschiedlichen Organisationen überschneiden sich großteils: Mehr Mitsprachemöglichkeiten, mehr demokratische Prozesse, mehr inhaltliche Diskussion. Und Schluss mit Standpunkt-Diktion von oben nach unten. Wolfgang Moitzi plädiert für Themenkonferenzen: "Inhaltliche Diskussionen finden derzeit nur alle zwei Jahre am Bundesparteitag statt. Das ist zu wenig.“

Statutengemäß haben sie das nächste Mal dazu im Sommer Zeit. Dann steht der nächste Bundesparteitag an. Als letzter vor der Nationalratswahl 2013 wird er für Kanzler Werner Faymann besonders wichtig sein. Die jungen Roten wollen jedenfalls das Thema der innerparteilichen Demokratie auf die Parteitag-Agenda setzen. "Wir werden gemeinsam einen Antrag zur demokratischen Erstellung eines neuen Grundsatzprogramms ausarbeiten“, kündigt Müller an. Das aktuelle aus dem Jahr 1998 ist den Jungen zu alt, weil sozialdemokratische Antworten auf jüngere Entwicklungen wie die Wirtschaftskrise fehlen. Kowall möchte sich am Programm von 1978 orientieren, das in einem zweijährigen Diskussionsprozess unter Einbezug aller Mitglieder entstanden ist: "Ich wünsche mir, dass sich anhand einer inhaltlichen Diskussion eine neue Kultur der Auseinandersetzung innerhalb der SPÖ entwickelt.“

Um mehr Mitspracherecht der Basis werden - wenn es nach Moitzi geht - übrigens auch die anderen Parteien über kurz oder lang nicht herumkommen: "Zum Glück hat es sich weitgehend aufgehört, dass man über eine Partei Jobs oder Wohnungen bekommt. Alles, was Parteien ihren Mitgliedern heute bieten können, ist: Partizipation.“

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