Der Kolonialismus der Reichen kehrt zurück

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Burgenland ist kein großes Land. Dass sich aber ein einzelner US-Geschäftsmann mit Unterstützung von früheren CIA- und US-Außenministeriums-Beamten das ganze Land für seine Wirtschaftsinteressen sichert, wäre undenkbar. Im Sudan ist das gerade passiert. Unity State, eine Region im Süden des Landes, ein wenig größer als das Burgenland, ist verkauft. Die 400.000 Hektar besitzt seit Kurzem der frühere Wall Street Banker Philippe Heilberg. Laut Recherchen der Financial Times handelt es sich dabei um einen der größten privaten Landkäufe in post-kolonialer Zeit.

Doch vielleicht passt der Begriff Post-Kolonialismus ja gar nicht mehr für die gegenwärtige Situation? Jacques Diouf, Chef der Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO, diagnostiziert für die Gegenwart bereits eine "Form des Neokolonialismus": Fruchtbares Land in den ärmsten Ländern der Welt wird von reichen Investoren, Konzernen oder Staaten übernommen - um Nahrung zu produzieren und zu exportieren. Der Sudan, sagt Kanro Oshidari, Direktor des World Food Programms der Vereinten Nationen im Sudan, "könnte sich selbst versorgen, könnte die Kornkammer Afrikas sein". Aber der Sudan exportiert Nahrungsmittel und das Regime in Khartum verpachtet und verkauft ganze Landstriche für die nächsten 70 Jahre und mehr: Den Arabischen Emiraten gehören unter anderem über 378.000 Hektar - also das nächste sudanesische Burgenland verkauft!

Vietnam in Laos, China in Sambia

Laos, eines der ärmsten Länder der Welt, hat zwei bis drei Millionen Hektar oder bis zu 15 Prozent seines Landes bereits verpachtet, schätzt eine Analyse in der Süddeutschen Zeitung. Im Süden von Laos haben sich Firmen aus den Nachbarländern Thailand, Vietnam und Malaysia eingekauft, um Gummi-, Zuckerrohr- und Maniokplantagen anzupflanzen. China wiederum hat sich in Sambia, Simbabwe und Mosambik große Agrarflächen übertragen lassen.

Und auch Südafrikas Farmer schauen sich nach Ackerflächen um - und sind fündig geworden: Im bisher größten Land-Geschäft Afrikas haben sie sich nach eigenen Angaben zehn Millionen Hektar Ackerboden in der Republik Kongo gesichert - knapp ein Drittel der Staatsfläche und um einiges größer als Österreich. Nach Angaben des Farmer-Verbands AgriSA stehen 1300 überwiegend weiße Farmer bereit, künftig am Kongo-Strom die Scholle zu bestellen. Sie dürfen das Land 99 Jahre bewirtschaften, erklärte AgriSA-Vizepräsident Theo de Jager. Für diese Zeit falle keinerlei Pacht an.

Voraussichtlich ab Juni werden sich die ersten Farmer in der Republik Kongo niederlassen. Mais, Soja, Baumwolle und Kaffee sollen angebaut werden. Auch Geflügel- und Rinderfarmen sind geplant. Südafrikas weiße Farmer folgen den Fußspuren der simbabwesischen weißen Farmer, von denen viele nach ihrer Vertreibung in Nachbarländern mit offenen Armen empfangen worden sind. Als Argument für die Verpachtung setzt die Regierung im Kongo auf den Aspekt Nahrungsmittelversorgung. Bisher importiert das fruchtbare Land die meisten Nahrungsmittel aus dem Ausland. "Den Farmern wurde eine Steuerbefreiung auf alle Erlöse für die nächsten fünf Jahre zugesichert. Zudem dürfen für den landwirtschaftlichen Betrieb Produkte wie Pflanzensamen, Düngemittel und Maschinen steuerfrei eingeführt werden", sagt de Jager. Alle erwirtschafteten Gewinne können ohne Abgaben ausgeführt werden.

Gescheitert ist die Landnahme im großen Stil in Madagaskar. Der südkoreanische Mischkonzern Daewoo musste beim Versuch zurückstecken, die Hälfte der dortigen landwirtschaftlichen Nutzfläche zu pachten. Die Pläne der Südkoreaner stießen bei der bitterarmen Inselbevölkerung auf Ablehnung - und werden als mitverantwortlich für die seit Jänner schwelende politische Krise angesehen. Die angespannte Situation in Madagasakar bestätigt den britischen Entwicklungsexperten Steve Wiggins, der meint: "Land ist eine extrem heikle Sache - das kann fürchterlich schiefgehen, wenn man die Lektion aus der Geschichte nicht gelernt hat." (wm)

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