Der lange Weg zu Integration

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Schrittweise schlägt sich die nötige Unterscheidung von Flüchtlingen und Zuwanderern im Fremdenrecht nieder. Asylverfahren werden beschleunigt, Zuzug erleichtert. Die Wirtschaft fördert Sprachkenntnisse von Schülern.

Kurzfristig werde das Fremden- und Asylrechtspaket der Regierungskoalition nützen, schätzt Wolfgang Bachmayer, Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstitutes OGM. Anders als bei der Debatte um die Wehrpflicht gebe es hier endlich einen Beschluss, meinte Bachmayer am Dienstag nach der Entscheidung im Ministerrat zur FURCHE. Längerfristig bleibt der Meinungsforscher skeptisch: Sollten neue asylpolitische Einzelfälle auftreten, könnte sich dies ändern. Und der FPÖ, so Bachmayer, bleibe das Thema erhalten.

Die Koalition hat sich jetzt jedenfalls nach langen Diskussionen und massiven Protesten von Menschenrechts- und Hilfsorganisationen geeinigt: Die "Mitwirkungspflicht“ und veränderte Schubhaftbestimmungen kommen in das Asylrecht, für Arbeitnehmer aus Drittstaaten wird eine Rot-Weiß-Rot-Karte geschaffen.

Gelindere Mittel

Für die Einigung war gegenüber dem ersten Entwurf einiges zu ändern. So sollen Eltern nicht vor die Wahl gestellt werden, ihre Kinder in Schubhaft mitzunehmen oder in die Obsorge von Behörden zu geben. Diese geplante Maßnahme hatte die SPÖ so massiv kritisiert, dass Innenministerin Maria Fekter den Entwurf im vorigen Herbst zurückzog. Stattdessen sollen Familien im Rahmen "gelinderer Mittel“ in Privatunterkünften untergebracht werden und sich jeden zweiten Tag bei einer Sicherheitsdienststelle melden. Familien können nur wenige Tage vor der Abschiebung in Schubhaft genommen werden, zudem nur in kindgerechten Einrichtungen. Die Höchstdauer für Schubhaft bleibt weiterhin bei zehn Monaten beschränkt, allerdings bezogen auf einen Zeitrahmen von eineinhalb und nicht wie bisher zwei Jahren. Die Altersgrenze für "gelindere Mittel“ statt Schubhaft vom 18. auf das 16. Lebensjahr gesenkt: "Schubhaft solle nur als allerletztes Mittel infrage kommen, wenn keine andere Maßnahme greife“, sagt Anny Knapp, Obfrau des Vereins Asylkoordination Österreich. Einen Nachteil der Schubhaft nannte Franz Küberl in einem Ö1-Interview: Diese sei mit Kosten von bis zu 120 Euro pro Tag teurer als eine Unterbringung gemäß "gelinderer Mittel“ mit 20 Euro pro Tag, sagte der Caritas-Präsident. Kritisch sehe er zudem die "Mitwirkungspflicht“: Künftig sollen Asylwerber zu Beginn ihres Verfahrens bis zu einer Woche in der Erstaufnahmestelle bleiben und den Behörden für Einvernahmen ständig zur Verfügung zu stehen. Ausnahme sind ärztliche Behandlungen. Ein Journaldienst der Behörde soll deren kontinuierlichen Betrieb garantieren. Küberl hingegen hält die bestehende Mitwirkungspflicht für ausreichend. Das UNHCR kritisierte diese Maßnahme als "Haft bei offenen Türen“.

Zustimmung zur Karte

Auf ungeteilte Zustimmung stößt die Rot-Weiß-Rot-Karte, die Zuwanderung neu regelt, und zwar nach Kriterien etwa beruflicher Qualifikation und nicht wie bisher nach Quoten etwa jener von Branchen und Ländern.

Österreich nehme im EU-Vergleich eine Vorreiterrolle ein, lobt die Generalsekretärin der Wirtschaftskammer, Anna Maria Hochhauser, das neue Zuwanderungssystem. Erfreulich sei, dass für Absolventen und Absolventinnen aus MINT-Studienrichtungen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) Bonuspunkte vorgesehen seien.

Etwas differenzierter reagierte Wiens Bürgermeister Michael Häupl. Mit der Rot-Weiß-Rot-Karte sei er einverstanden. Mit den neuen Bestimmungen etwa hinsichtlich der Deutschkenntnisse vor einem Zuzug sei er "unglücklich“ und habe "Vorbehalte in verfassungsrechtlicher Hinsicht“. Dass ein Universitätsprofessor ohne Deutschkenntnisse zuziehen dürfe, eine Putzfrau aber nicht, entspreche nicht seinen Vorstellungen von Gerechtigkeit.

Die Novelle zum Fremdenrecht soll mit 1. Juli in Kraft treten.

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