Der Tahrir und sein großer Feldmarschall

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Um die Revolution in Ägypten muss man sich nach strenger Definition keine Sorgen mehr machen. Denn sie ist tot. 2011 haben Millionen von jungen Ägyptern versucht, die alten Machtsysteme mit friedlichem Protest auf dem Tahrirplatz aus den Angeln zu heben. Das hieß vor allem, das vom ägyptischen Militär gestützte Regime des Ex-Luftmarschalls Hosni Mubarak zu entfernen. Tatsächlich haben die Demonstrationen Mubarak hinweggefegt. Drei turbulente bis katastrophale Jahre später sitzt nun aber wieder ein Marschall im höchsten politischen Amt, die Macht der Armee ist ungebrochen und die Zivilgesellschaft so zerrüttet wie zu Mubaraks besten Zeiten. Fatah al Sisi, der Chef des militärischen Geheimdienstes, hat sich in der vergangenen Woche wählen lassen. Und wieder waren Millionen Ägypter auf dem Tahrirplatz versammelt -diesmal aber nicht zum Protest sondern um den Armeechef ins Amt zu jubeln. Ägyptens gescheiterter Aufstand wird Wasser auf die Mühlen derer sein, die meinen, ein Land könne nicht einfach so ohne Rücksicht auf die Entwicklung der Gesellschaft und der Religion demokratisch werden, sondern lande im Chaos. Und tatsächlich spricht manches dafür: Die Muslimbrüder haben sich, einmal demokratisch gewählt, nicht gut verhalten, der Staat erodierte unter ihrer Regentschaft und die wirtschaftliche Potenz Ägyptens schrumpfte gefährlich, die neue Verfassung hatte eine schwere islamistische Schlagseite. All das stimmt. Aber auf der anderen Seite unterschätzen diese Analysen nach dem Motto "Moslems können Demokratie nicht" die Rolle der anderen Mächte in Ägypten - und hier vor allem der Armee. Fatah al Sisi brauchte nur zu warten auf die Großdemonstrationen gegen die Muslimbrüder. Dann ein Ultimatum als Chef der Armee an Präsident Mursi und dann ein Coup "im Sinne des Volkes" - schon war er an der Macht. 2200 Tote haben die Muslimbrüder seither zu beklagen. Sicher trauern nicht viele außerhalb ihrer Reihen mit, aber die Toten sind das Fanal einer Zeit, die mit so großen Hoffnungen begonnen hatte. Nun ist der Geheimdienstchef, der die Massen mit seinen Reden begeistern kann, an seinem Ziel. Versprochen hat er niedrigere Preise, Stabilität und Wachstum. Das ist für die von Arbeitslosigkeit gezeichnete Wirtschaft der Ägypter derzeit wohl auch das Wichtigste. Deshalb lieben sie al Sisi. Von Demokratie musste oder wollte der Feldmarschall den Ägyptern im Wahlkampf nichts mehr erzählen. Wer will, kann das auch als Zeichen seiner Ehrlichkeit sehen.

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