Der Tausendsassa - nicht nur der FURCHE

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Für die Ende der 1990er-Jahre in die FURCHE eintretenden Redakteure war er bereits eine Institution: Man gehörte erst dann wirklich zur FUR-CHE-Mannschaft, wenn Hellmut Butterweck einen Artikel des Neo-Redakteurs bei der Blattkritik in Grund und Boden gestampft hatte. Und das war gut, denn der Altvordere trichterte den Jungen ein, dass es im Journalismus nicht nur auf Faktenkompetenz ankommt, sondern auch auf die richtige Rede, den Sprachwitz, das rechte Wort zur rechten Zeit. Und, ja, seine Anekdoten über Friedrich Funder oder Kurt Skalnik, unter denen er zur FURCHE kam, waren Legion. Eine handelte davon, wie er, der vazierende Rote, dem damaligen Chefredakteur Skalnik zu bedenken gab: "Sie wissen aber schon, wie ich's mit der Kirche halte." Skalnik darauf: "Wurscht, Sie san a Antinazi, also passen'S zur FURCHE". Zeitgeschichte, und da insbesondere die Auseinandersetzungen mit der NS-Zeit, blieben Butterwecks Lebensthema. In der FURCHE war er darüber hinaus der Tausendsassa vom Dienst: Theater-, Film-, Buchkritiker, Wirtschaftsredakteur und politischer Kommentator. Zuletzt -von 1996 bis zu seiner Pensionierung 2003 -leitete er das Buchressort dieser Zeitung. Und er war ein unermüdlicher Autor, auch wenn er mitunter Jahrzehnte benötigte, um ein Buchprojekt zu beenden - wie sein erst im vergangenen Jahr endlich erschienenes Opus Magnum über die Berichterstattung der österreichischen Zeitungen zu den Volksgerichtsprozessen, die zwischen 1945 und 1955 die NS-Verbrechen juristisch aufzuarbeiten suchten. Auch über die Nürnberger Prozesse verfasste Butterweck ein Buch (2005), zehn Jahre zuvor war er mit dem wirtschaftspolitschen Essay "Arbeit ohne Wachstumszwang" auf dem Buchmarkt aufgefallen, im Jahr 2000 versuchte er, der Kirchenferne, sich in einer Monografie an Wiens Kardinälen des 20. Jahrhunderts. Ebenso jahrelang arbeitete am Theaterstück "Die Letzten", einem Dialog zwischen einem alten Nazi und einem alten Juden. Mit Fritz Muliar wurde das Stück 2007 schließlich als Hörspiel auf Ö1 ausgestrahlt. Ein widerborstiger Zeitgenosse wie Hellmut Butterweck machte sich das Leben nicht immer leicht, auch nicht in der FURCHE, die er jahrzehntelang mitprägte. Dass er im Vorjahr für sein publizistisches Lebenswerk den "Preis der Stadt Wien" - eine der höchstdotierten Journalistenauszeichnungen im Lande - erhielt, war eine angemessene Würdigung. Unglaublich, dass Hellmut Butterweck, voller Pläne wie eh und je, am 30. Dezember seinen 90. Geburtstag begeht.

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