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Die Entscheidung fallen die Konsumenten

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dieFurche: Gibt es internationale Vijr-bilder fiir ein gutes österreichisches Bundestierschutzgesetz?

Ulrike Goldschmied: Wenn man ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz macht, was ich wirklich für sinnvoll halte, sollte man sich an der Schweiz orientieren. Die haben seit vielen Jahren ein vorbildliches Bundestierschutzgesetz. Wenn bei uns so ein Gesetz gemacht wird, dann darf es nicht zu weich ausfallen und vieles ausklammern, denn sonst kann man eigentlich den Zustand so lassen wie er jetzt ist.

Es sollte übrigens auch ein einheitliches Naturschutz- und Jagdgesetz geben. Gesetze, die nicht im ganzen Bundesgebiet gleich sind, sind absurd.

dieFurche: Warum hat es die Regierung bisher nicht geschafft, die Gesetze zu vereinheitlichen?

Goldschmied: Hinter der Nutztierzucht in Großbetrieben steckt viel Geld. Zum Teil sind natürlich auch die Tierärzte dahinter, weil in großen Betrieben die Seuchengefahr viel größer ist, dadurch muß viel mehr gespritzt werden. Zum Teil sind auch die Agrarverbände daran schuld. Sie haben den Bauern die Massentierhaltung eingeredet. Jetzt sind diese durch den Umbau teilweise schwer verschuldet. Plötzlich sollen dieselben Bauern für eine artgerechte Tierhaltung alles wieder umbauen, das ist für viele unmöglich.

dieFurche: Wenn Österreich wirklich der „Feinkostladen Europas " werden soll, wie das ständig gesagt wurde, heißt das nicht auch, daß wir unsere Tiere artgerecht halten müssen?

Goldschmied: Das wäre vernünftig. Denn nur durch Qualität hat unsere Landwirtschaft wahrscheinlich eine Chance in der Europäischen Union. Die Menschen sollten aber generell weniger, dafür qualitativ hochwertigeres Fleisch essen. Das geht aber nur, wenn die Tiere nicht mit Antibiotika und Streßmittel vollgepumpt sind, um überhaupt den Weg zum Schlachthof verkraften zu können. Was da teilweise bei Tiertianspor-ten passiert, das sind grenzenlose Schweinereien.

dieFurche: Was würde sich ihrer Meinung nach ändern, wenn ein einheitliches Gesetz erlassen wird?

Goldschmied: Wenn jetzt ein Bundesland ein ordentliches Tierschutzgesetz macht, dann sind die Bauern in diesem Bundesland stark benachteiligt. Sie müssen ihre Ställe umbauen, um ihre Tiere artgerecht halten und füttern zu können. Der vielleicht zehn Kilometer entfernte Bauer im Nachbarbundesland kann aber weiter so wirtschaften wie bisher und 50.000 Hühner in einer Batterie halten. Durch ein einheitliches Gesetz fallen diese Konkurrenzvorteile weg. Meiner Ansicht nach kann der Druck zur besseren Behandlung der Tiere aber letztlich nur durch die Konsumenten erfolgen. Denn daß die Politiker reagieren - da habe ich längst alle Hoffnung aufgegeben.

Das Gespräch führte

Monika Kunit

Ulrike Goldschmid ist gerichtlich beeidigte Sachverständige für Artenschutz, Naturschutz und artgerechte Tierhaltung in Wien und Vorstandsmitglied des Forums Österreichischer Wissenschaftlerfür Umweltschutz.

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