Die ganze steirische Breite

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Zum zweiten Mal gibt es ein Steirisches Politik-Jahrbuch.

An Selbstbewusstsein hat es den Steirern noch nie gemangelt, man verstand sich - teils zu Recht - stets als eine Art Think Tank, von dem wesentliche Impulse in Politik, Wirtschaft, Geistesleben und Kultur für den Bund ausgehen. Die Zeiten des "Modell Steiermark" sind zwar lange vorbei, doch etwas von jener Gesinnung blitzt nach wie vor gelegentlich zwischen Aussee und Bad Radkersburg auf - durchaus unter den gütig-wohlwollenden Augen der Magna Mater Styriae, Waltraud Klasnic. Wie sagte die Landeshauptfrau doch vor einigen Jahren im furche-Interview: "Es ist ein helles Land!"

Etliche der hellsten Köpfe dieses hellen Landes versammelt das kürzlich präsentierte "Steirische Jahrbuch für Politik 2001", das zweite seiner Art nach dem Jahrbuch 2000. Ausdrücklich wollte man damit an den, wie die Herausgeber schreiben, langjährigen "Erfolg des Österreichischen Jahrbuchs für Politik'", für das u. a. Andreas Khol verantwortlich zeichnet, anknüpfen.

Im ersten Teil ("Steiermark und Österreich live") fordert etwa Co-Herausgeber Herwig Hösele einen österreichischen Verfassungskonvent, analog zu dem eben konstituierten EU-Gremium, um bei den Ewigkeitsthemen Verwaltungs- und Föderalismusreform endlich substantiell voranzukommen. Styria-Chef Horst Pirker zeigt sich (äußerst) vorsichtig optimistisch bezüglich des neuen ORF.

Teil 2 widmet sich der Steiermark und den südöstlichen Nachbarn - hier darf Erhard Busek als Autor nicht fehlen, aber auch der frühere Grazer Uni-Rektor Helmut Konrad und der Grazer Völkerrechtler Wolfgang Benedek kommen zu Wort. Konrad streicht die Brückenfunktion der Universität - Beispiele sind u. a. Sarajevo, Mostar, Pristina, Shkoder - heraus; Benedek, durch zahllose konkrete Projekte der Bildungskooperation mit Südosteuropa hochverdient, betont die Einrichtung eines Schwerpunktes für diesen Raum im Zuge der Profilbildung der Grazer Uni.

Ein eigenes Kapitel ist der Kultur unter dem Titel "Graz 2003" (Jahr der Kulturhauptstadt) gewidmet. Bischof Egon Kapellari denkt über den Zusammenhang von Kultur und Kult nach und plädiert für eine "transzendente Perspektive - zumindest in Frageform", ohne die Kulturen, "in sich und unter sich, leicht in eine gnadenlose Rivalität um materielle Ressourcen" gerieten. Der Philosoph (und gelegentliche furche-Autor) Harald A. Friedl skizziert eine "praktische Tourismusethik" im Sinne von Umwelt- und Sozialverträglichkeit.

Der abschließende vierte Teil fragt nach "Religiosität und Fundamentalismus". Mohammed Gowayed, der seit 45 Jahren in Graz lebt und heute Obmann des islamischen Zentrums ist, versucht, Fundamentalismus-Ängsten entgegenzuwirken und wirbt für die Errichtung einer Moschee in Graz. Das Schlusswort hat Bernd Schilcher, auch er einer der Herausgeber, der ein Lob der "Liberalitas Styriaca" anstimmt. Woher die kommt? "Weil wir offenbar gelernt haben, bei allen Unterschieden und Gegensätzen miteinander zu leben." "Miteinander" ist im übrigen das Lieblingswort von Waltraud Klasnic. RM

steirisches jahrbuch für politik 2001.

Von Herwig Hösele, Reinhold Lopatka, Wolfgang Mantl, Manfred Prisching, Bernd Schilcher, Andreas Schnider (Hg.)

Verein für steirische Politik und Zeitgeschichte, Graz 2002

224 Seiten, e 18

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