Die große Verunsicherung

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Donald Trumps erste Maßnahmen haben auch unter US-Forschern für Beunruhigung gesorgt. Ist die Freiheit der Forschung in den USA gefährdet?

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Donald Trumps erste Maßnahmen haben auch unter US-Forschern für Beunruhigung gesorgt. Ist die Freiheit der Forschung in den USA gefährdet?

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Die USA sind eine der führenden Forschungsnationen der Welt. Doch über ihren Kurs in Sachen Wissenschaftspolitik herrscht Ratlosigkeit. Bereits die ersten Wochen der Regierung unter dem neuen US-Präsidenten Donald Trump haben dies- und jenseits des Atlantiks für Aufruhr unter Forschern und Politikern gesorgt. Nur wenige Tage hatte es gedauert, bis die neue US-Regierung Trumps wissenschaftsfeindliche Wahlkampf-Ankündigungen auch umgesetzt hat: So verschwanden gleich nach der Amtseinführung des neuen Präsidenten Informationsseiten zum Klimawandel von der Webseite des Weißen Hauses, einschließlich umfassenden Datenmaterials. Dort wird nun Trumps "America First Energy Plan" vorgestellt. Dieser geht davon aus, dass "schädliche und unnötige Strategien" wie Barack Obamas Klima-Aktionsplan abgeschafft werden sollten.

Klimaforschung unter Druck

Und die 17.000 Mitarbeiter der mächtigen Umweltschutzbehörde EPA sollen künftig nur nach Rücksprache mit der Regierung öffentliche Stellungnahmen abgeben dürfen. Auch die Verbannung der Klimawandel-Seiten von der EPA-Homepage wurde diskutiert. Seit Ende Jänner gibt es dort keine neuen Inhalte.

Droht in den USA ein radikal veränderter Kurs bei Forschung und Lehre? "Es gibt jetzt die Befürchtung, dass es die Grundlagenforschung und bestimmte Felder wie die Klimaforschung schwerer haben werden", so die Einschätzung von Martin Stratmann, Präsident der deutschen Max-Planck-Gesellschaft. "Die US-Wissenschaft ist exzellent, aber sie lebt vom Zuzug junger Wissenschaftler aus anderen Ländern. Es wäre schädlich für ihren Erfolg, würde sie ihre enorme Strahlkraft einbüßen." Die sonst zurückhaltend auftretende deutsche Forschungsministerin Johanna Wanka (CDU) zeigte sich gar alarmiert: Zu einem weiterhin starken Standort USA gehöre eben auch, "dass Wissenschaftler dort frei arbeiten können", betonte sie gegenüber der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Jede Einschränkung "wäre für den Erkenntnisfortschritt schlecht". Auch sei darauf zu achten, "dass sich die Arbeitsmöglichkeiten für ausländische Forscher in den USA nun nicht verschlechtern".

Mythen versus Fakten

Die Tendenz, wissenschaftliche Fakten zu ignorieren oder nicht ganz ernst zu nehmen, könnte sich auch abseits des Klima-und Umweltschutzes zeigen, fürchten US-Forscher. So hatte Donald Trump einen prominenten Impf-Skeptiker zu sich geladen. Über 350 Ärzteorganisationen wandten sich daraufhin mit einem Brief an den neuen US-Präsidenten, um ihre klare Unterstützung für Impfungen zum Ausdruck zu bringen. Mehr als 70.000 Forscher aus 170 US-Organisationen sowie die Leiter von über 150 Biotech-Unternehmen unterzeichneten Protestbriefe, da zahlreiche ihrer Studierenden und Forschenden von den geplanten Einreisestopps betroffen wären.

Aber vielleicht sind diese Vorkommnisse auch ein Anreiz, um aus der Not eine Tugend zu machen und selbstbewusst für die Kriterien der Wissenschaftlichkeit ein-und aufzutreten. Und deren Wert in einem zunehmend unsicheren, "postfaktischen" Umfeld zu vermitteln. "Die Wissenschaft darf sich nicht zurückziehen", forderte unlängst etwa die österreichische Wissenschaftsforscherin Helga Nowotny, die auf APA-Science einen strategischen Plan angesichts der neuartigen Dimension von "Fake News" vorgestellt hat.

Einen ähnlich offensiven Umgang befürworten auch andere österreichische Experten, die selbst an heiklen Themen arbeiten. Beim Thema Impfen etwa könne vom Laien nicht oder nur schwer unterschieden werden, ob Inhalte auf wissenschaftlicher Evidenz beruhen oder einfach nur auf "Mythen, Anekdoten oder Befindlichkeiten", bemängelt Tropenmedizinerin Ursula Wiedermann-Schmidt von der Med-Uni Wien: "Der Diskurs mit Impfskeptikern und Impfkritikern muss vermehrt geführt werden, denn hier gibt es -im Unterschied zu den ideologischen Impfgegnern - die Chance, Verunsicherungen und Ängste durch richtige Informationen zu beseitigen."

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