Die "KritiKer" Der KritiKer

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Es sind Vorgänge, die die Öffentlichkeit seit einer Woche bass erstaunt zurücklassen. Eine Polizei-Sondereinheit marschiert im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ein. Sie stützt dort eine Hausdurchsuchung der Staatsanwaltschaft, die sensible Daten beschlagnahmt. Darunter auch solche, die mit dem Anlass der Hausdurchsuchung -Amtsmissbrauch-Ermittlungen gegen den nun suspendierten BVT-Chef Peter Gridling und weitere Beamte -eigentlich nichts zu tun haben. Daten aus dem Büro der Extremismus-Referentin, die -und das ist politisch brisant - die FPÖ-nahe, extrem rechte Website unzensuriert.at unter kritische Beobachtung nahm. Der ehemalige Chef der Website, Alexander Höferl, sitzt heute an zentraler Stelle in Herbert Kickls Innenministerium.

Die Details der BVT-Affäre sind verworren. Doch die Komplexität der Materie nutzen Akteure auch, um die recherchierenden Medien zu diskreditieren und ihnen unlautere Motive zu unterstellen (Die Causa wurde von einer Kooperation aus Profil und Standard aufgedeckt und u. a. vom Falter weiterrecherchiert). "Linke Journalisten" würden eine ideologisch motivierte Anti-FPÖ-Kampagne fahren, so der Vorwurf, es gehe gar nicht um den Inhalt. Anwürfe dieser Art braucht man getrost nicht allzu ernst zu nehmen. Zwar sollen Medien als kritische Reflektoren von Politik und Öffentlichkeit auch selbst stets kritisch reflektiert werden. In einer Affäre, in der der Vorwurf im Raum steht, der Innenminister könnte neben der Umfärbung des Verfassungsschutzes auch Interesse am "Abdrehen" unliebsamer Ermittlungen haben, ist die persönliche Weltanschauung von Journalisten aber die wohl geringste Sorge, die die Bürger beschäftigen muss.

Auf wessen "Payroll"?

Hinzu kommt: Die geäußerten "Sorgen" über angebliche "Medienkampagnen" sind ihrerseits nur selten dem schieren Bemühen um öffentliche Ausgewogenheit geschuldet -sondern allzu oft von klaren Interessenlagen getrieben. Das zeigt etwa eine Innenministeriums-Aussendung, die die Recherchen zur Hausdurchsuchung als "Fake News" verunglimpfte. Oder -als Beispiel unter vielen -der Politikberater Heimo Lepuschitz, der seit Tagen auf Twitter ausrückt, um den Recherchen einen "Anti-Polizei-Spin" zu unterstellen. Er hat einen bezahlten Beratervertrag mit dem Innenministerium. Lepuschitz greift in die Diskussion also nicht einfach aufgrund eigener Überzeugungen ein - sondern entsprechend der "Payroll", auf der er steht.

Die (verdeckten) Interessen in öffentlichen Debatten sind heute ähnlich undurchsichtig geworden, wie die Vorgänge rund um das BVT selbst. Umso wichtiger sind die investigativen Recherchen unabhängiger Medien, die die Grundlage für öffentliche Diskussionen und häufig auch politische Untersuchungen liefern. Hätten Journalisten nicht recherchiert und die Ergebnisse ihrer Recherchen publiziert, wären die Umstände der Causa für die Öffentlichkeit im Verborgenen geblieben. Die Umstände einer Causa, die an den Kern der Republik, von Exekutive, Justiz und Gewaltenteilung dringt.

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