Die nationalistische Last

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Die Hoffnungen auf ein gutes Wahlergebnis für die moderaten oder multiethnischen Parteien in Bosnien-Herzegowina war schon nach den letzten Umfragen verschwindend gering gewesen. Der Sonntag bestätigte nur noch die tiefe Zerrissenheit des Landes. In Bosnien hat die von den Sozialdemokraten geführte multiethnische Regierung eine schwere Wahlniederlage erlitten und dürfte nur auf knapp 15 Prozent der Stimmen kommen, während die nationalistische Moslempartei SDA mit mehr als 30 Prozent und die nationalistischen Kroaten über 17 Prozent der Stimmen auf sich vereinen.

Ganz ähnlich die Situation in der Republika Srpska wo Milorad Dodik mit seiner nach Unabhängigkeit strebenden Serbenpartei SDS, gegründet vom Kriegsverbrecher Radovan Karadzic mit 33,5 Prozent bestätigt wurde.

Das Wahlergebnis ist aber auch die Folge des Friedensvertrages von Dayton, der nach dem Bürgerkrieg die Trennung der kroatischen, bosnischen und serbsichen Volksgruppe bis in die kleinesten Verwaltungseinheiten des Staates festschrieb. Die Bosniaken (Moslems) stellen rund 48 Prozent der Bevölkerung, die Serben 37 Prozent und die Kroaten14 Prozent. In dem nach ethnischen Prinzipien dreifach besetzten Staatspräsidium wechseln sich alle acht Monate ein Serbe, ein Kroate und ein Bosniake als Präsident ab. Drei miteinander verfeindete Autoritäten in einem Staat - das führt nicht nur zu politischer Lähmung, sondern auch zu einem nicht funktionierenden Staatsgefüge. Bosnien-Herzegowina liegt derzeit auf Rang 99 des Korruptionsindex von Transparency International. Führende Politiker geben Bestechung sogar öffentlich zu - Begründung: ohne sie komme das Land gänzlich zum Stillstand.

Zur Eigenständigkeit befähigt?

Seit1995 ist die einzige einigende Klammer der Hohe Repräsentant der internationalen Staatengemeinschaft, aktuell der Österreicher Valentin Inzko. Er wenigstens sieht dringenden Reformbedarf, auch für das Dayton-Abkommen: #Wir können uns nicht erlauben, dass sich nichts ändert. Es wird sich etwas ändern#. Doch über das wie herrscht auch innterhalb der Staatengemeinschaft Uneinigkeit. Briten und Amerikaner fordern ein stärkeres Auftreten des Hohen Repräsentenaten, doch der scheint eher der Meinung anzuhängen, Bosnien habe 18 Jahre nach seiner Anerkennung als Staat nun auch die Pflicht, selbstständig zu handeln und zu agieren. Ein sanfter Zwang zur Zusammenarbeit wäre nach Inzko der Druck Hilfsgelder nur dann zu bewilligen, wenn die Ethnien bei den Projekten zusammenarbeiten.

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