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Sie sind alle in die Jahre gekommen, manche haben die Sechzig bereits überschritten. Heute verdienen sie ihr Geld als Anwälte oder Journalisten. Einst waren sie politisch Verfolgte, wurden eingesperrt, mussten aus ihrer Heimat fliehen und manche kehrten erst vor einigen Monaten zurück. Langsam traut sich die regimekritische, intellektuelle Schicht im Sudan wieder offen zu sagen, was sie denkt. Einigkeit herrscht aber nur darüber, dass die derzeitige Regierung in Khartum die Hauptschuld an der Krise in Darfur trage. Eine gemeinsame Lösung für ein Ende der furchtbaren Gräueltaten in der Katastrophenregion haben sie noch nicht gefunden.

"Sudan ist gleichgeschaltet"

"Araber und Afrikaner in Darfur haben jahrhundertelang neben- und miteinander gelebt, es wurde sogar untereinander geheiratet. Doch die Regierung hat arabische Stämme dazu benutzt, um die Rebellen niederzuschlagen", erzählt Amin Mekki Medani (siehe Bild), der bekannteste Oppositionelle des Sudans. "Anstatt Mediation zu betreiben, hat das Regime eine der beiden Gruppen (die Janjaweed) bewaffnet." Außerdem sei der "gesamte Staat gleichgeschaltet - die Justiz, die Zeitungen", sagt Medani.

Dennoch hat er Hoffnung für sein 2,5 Millionen Quadratmeter großes Land: "Nach dem Friedensabkommen für den Süden wartet nun alles auf eine Veränderung." Medani sieht in "mehr Föderalismus" ein Mittel gegen die Krise: "Darfur muss mitregieren dürfen." Sollte dies nicht gelingen, befürchtet der Rechtsgelehrte "eine ähnliche Zersplitterung wie in der ehemaligen Sowjetunion" und verweist auf die Vielzahl an ethnischen, kulturellen und sozialen Unterschieden im Sudan.

"Opposition hat versagt"

Ganz anders denkt da Ghazi Suleyman, ebenfalls Anwalt, ebenfalls wegen seiner regierungskritischen Ideologie einst hinter Gittern: "Wir haben versagt! Wir bringen uns gegenseitig um wie die Tiere!", poltert Suleyman, der regelmäßig einen intellektuellen Zirkel in seinem Haus in Khartum empfängt. Auch das war lange nicht möglich: "Solche Treffen hätten vor ein paar Jahren auf der Polizeistation geendet."

An die internationale Staatengemeinschaft richtet der extrovertierte, wortgewaltige Mann eine konkrete Forderung: "Sie sollte militärisch intervenieren, sie sollte nicht schweigen." Suleyman spart aber auch nicht mit Selbstkritik: "So lange die Opposition nicht zu einer gemeinsamen Lösung kommt, droht eine dauerhafte Krise im Sudan. Weil dieses Regime nicht in der Lage ist, die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Probleme zu meistern." Eines ist für ihn jedoch völlig klar: "Wenn es freie Wahlen gäbe, würde die Regierung verlieren." Andreas Tröscher

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