Die Politisierung der Universitäten ist abzulehnen. Wie aber die Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler gesichert wird, ist ein bleibendes Problem.
Wieder einmal lässt eine Universitätsreform die Wogen hochgehen. Stellungnahmen von allen Seiten hagelt es, wobei die Subtilität der Diskussion zu wünschen übrig lässt. Zweifellos ist die Richtung der Reform gut, denn langfristig kann die Universität ohne Autonomie nicht bestehen. Eigene Verantwortung zu übernehmen entspricht der gesellschaftlichen Wirklichkeit und eigentlich auch dem Anspruch der Universität selbst. Als ehemaliger Wissenschaftsminister bin ich natürlich in einer gewissen Weise Partei, so dass meine Anmerkungen dazu auch unter diesem Gesichtspunkt verstanden werden sollen.
Persönlich glaube ich, dass die jetzige Reform ein wenig rasch gekommen ist, da sich die Universitäten mit dem "Kippen" in das UOG 93 teilweise beträchtlich Zeit gelassen haben und das Ministerium in einigen Fällen nicht besonderen Druck machte. (So wurde etwa das Universitätsorganisationsgesetz von 1993 an der Universität Wien erst im Jahr 2000 umgesetzt; Anm. d. Red.) Es besteht daher die Gefahr, dass zu rasch zu viel geändert wird, wobei in manchen Bereichen die Universitäten gar nicht das geeignete Personal haben, um eigene Verantwortung zu übernehmen.
Es ist weniger eine Frage der Menge des Personals als von deren Qualifikation, weil eine autonome Universität hinsichtlich des Managements andere Voraussetzungen vorfindet als eine wesentlich vom Staat bestimmte. Das ist nicht nur eine dienstrechtliche Frage, sondern auch eine Frage der Erfahrung und Qualifikation. Wenn der beachtliche Grundbesitz, Haus- und Mietbestand jeweils eigenverantwortlich administriert werden muss, braucht es beträchtliche Expertise.
Weiters begrüße ich, dass im Rahmen der Autonomie auch mehr Autorität von einzelnen Funktionen begleitet wird. Die Gefahr ist allerdings sehr groß, dass die gegenwärtige Reform wieder eine Fülle von Sitzungen und Gremien erzeugt, die wieder jahrelang brauchen, um zu Ergebnissen zu kommen. Gerade deswegen müsste daher bei der Rektorswahl eine Möglichkeit bestehen, auf diese Qualität besonders zu achten. Ob es ein Einfluss des Ministeriums ist oder objektive Qualitätskriterien verankert werden können, muss der politischen Diskussion überlassen bleiben. Eine Politisierung der Universitäten ist jedenfalls abzulehnen. Wie aber die Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler gesichert wird, ist ein bleibendes Problem.
Persönlich war ich immer für eine stärkere Autonomie der medizinischen Fakultäten. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass gegebenenfalls daraus eine Abhängigkeit gegenüber den Krankenanstaltenerhaltern der drei medizinischen Fakultäten eintritt. Daher war meine Überlegung immer die, mit reduzierter Bettenanzahl Bundesspitäler zu errichten, um die Entscheidungsstruktur in eine Hand zu bekommen und die Bestimmung der Medizin durch die jeweiligen Landesanstalten bzw. den Wiener Magistrat zu verbinden.
Eine Reform der Universitäten ist stets notwendig, um den Anforderungen zu entsprechen. Diese sind heute nicht nur europäische sondern in einer gewissen Weise global. Daran das Gesetz zu messen, wäre sehr gut, weil allein die Einführung des Bakkalaureats noch lange nicht diese Vergleichbarkeit garantiert. Vielleicht gibt es doch noch einen Anstoß einer qualifizierteren Diskussion als sie gegenwärtig stattfindet. Es muss nämlich auch eine innerösterreichische Vergleichbarkeit und die Möglichkeit der Mobilität für die Studenten geben.
Es wäre wünschenswert, dass es auf allen Seiten in der letzten Phase mehr Mobilität in den Positionen gibt. Die Universitäten sind zu wichtig für unsere Zukunft.
Der Autor war von 1989 bis 1994 Wissenschaftsminister und ist nun Sonderkoordinator des Stabilitätspaktes für Südosteuropa.
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