Die schwere-leichte Geburt der Bundeshymne
„Land der Erbsen, Land der Bohnen …“ – kein österreichisches Staatssymbol ohne nicht wenigstens eine kleine Herabsetzung.
„Land der Erbsen, Land der Bohnen …“ – kein österreichisches Staatssymbol ohne nicht wenigstens eine kleine Herabsetzung.
So wie die Österreicher lange keine rechte Freude mit der „Land der Berge“-Hymne hatten und der Haydn-Melodie aus der Kaiserhymne nachtrauerten, so war die Dichterin Paula Preradović nicht begeistert, einen Hymnentext zu schreiben. Ihr Sohn, der Zeitungs- und Buchverleger Fritz Molden, erklärte den Widerwillen seiner Mutter, an dem von der Regierung Ende 1946 durchgeführten Preisausschreiben teilzunehmen, damit, dass sie davor „nie an irgendwelchen Wettbewerben teilgenommen hatte“. Außerdem fehlte ihr jede „Beziehung zu dem getragenen Versmaß, das für die vorliegende Melodie notwendig war. Überdies hatte sie genügend anderes zu tun“, und „es würde schon jemand anderer einen geeigneten Text einschicken“. Doch der für die Textsuche zuständige Unterrichtsminister Felix Hurdes „ließ nicht locker und nach mehrmaligem Urgieren setzte sich Mama hin und verfaßte eines Nachmittags einen Entwurf. Diesen las sie uns am selben Abend vor, und die männlichen Familienmitglieder befanden ihn für geeignet, obwohl weder Mama noch wir der Meinung waren, daß er ausgewählt werden würde.“
„Wir sind Bundeshymne“-Familienfest
So irrte man im Hause Molden-Preradović. Am Tag nach dem Ministerratsbeschluss vom 25. Februar 1947 schrieb die Wiener Zeitung: „Vor Beginn des Ministerrates war im Bundeskanzleramt ein kleiner Chor der Wiener Sängerknaben unter der Leitung von Hofrat Schnitt erschienen, der den versammelten Regierungsmitgliedern die neue österreichische Bundeshymne nach den beiden Texten von Paula Preradović und Dr. Siegmund Guggenberger vortrug. Der Ministerrat beschloß, den Text der Dichterin Paula Preradović nach Vornahme einiger kleiner textlicher Änderungen als offiziellen Text der österreichischen Bundeshymne zu genehmigen.“
Beim „Wir sind Bundeshymne“-Familienfest setzte sich die Dichterin ans Klavier und gab ihren Text zum Besten – woraufhin ihre Söhne Otto und Fritz Molden diesen umgehend folgendermaßen persiflierten: „Land der Erbsen, Land der Bohnen, / Land der vier alliierten Zonen, / Wir verkaufen dich im Schleich, / Vielgeliebtes Österreich! / Und droben überm Hermannskogel / Flattert froh der Bundesvogel.“ Der Medienwissenschafter und Symbolforscher Peter Diem schreibt in seinem Standardwerk „Die Symbole Österreichs“ im Anschluss an diese Episode, dass in den Wiener Schulen die Version der Söhne „sehr populär“ war, wie er aus eigener Erinnerung weiß. Und der Experte für Österreichs Symbolschatz fügt hinzu: „Wir vergessen nicht: kein österreichisches Staatssymbol ohne wenigstens eine kleine Herabsetzung!“