Die Slowakei wird nunmehr politisch EU-reif

19451960198020002020

Jan Carnogursky', Vorsitzender der slowakischen Christdemokraten, analysiert den Ausgang der Parlamentswahlen in seinem Heimatland.

19451960198020002020

Jan Carnogursky', Vorsitzender der slowakischen Christdemokraten, analysiert den Ausgang der Parlamentswahlen in seinem Heimatland.

Werbung
Werbung
Werbung

Die Ergebnisse der Wahlen zum slowakischen Parlament weisen darauf hin, daß es zu einem Wechsel kommen wird. Vladimir Meciars Bewegung für eine Demokratische Slowakei (HZDS) erreichte zwar mit 27 Prozent den höchsten Stimmenanteil, die jetzige Opposition als ganze gewann aber die verfassungsmäßig erforderliche Mehrheit: 93 von 150 Sitzen im Parlament.

An zweiter Stelle landete die Demokratische Slowakische Koalition (SDK) mit einem Abstand von 0,7 (also 26,3) Prozent, an dritter mit 14 Prozent die Postkommunisten, an vierter die Ungarische Koalition (SMK) mit etwa neun und schließlich die rechtsgerichtete Nationalpartei (SNS) sowie die neugegründete Partei der Bürgerverständigung (SOP) mit acht Prozent. Anderen Gruppierungen gelang es bei dieser Wahl nicht, die in der Slowakei notwendige Hürde von fünf Prozent der Stimmen für den Eintritt ins Parlament zu überspringen.

Die ersten Besprechungen der derzeitigen Oppositionsparteien knapp nach der Wahl haben gezeigt, daß die zukünftige Regierungskoalition recht deutlich Gestalt annimmt. Sie wird aus den Parteien SDK, SDL, SOP bestehen, zu denen voraussichtlich die SMK stoßen wird. Die Öffentlichkeit erwartet von der neuen Regierung, daß sie wieder gesetzmäßige Zustände herstellt und die Wahrheit über verschiedene kriminelle Handlungen ans Tageslicht bringt.

Die neue Regierung muß auch die in der Regierungszeit von Meciar erfolgten Privatisierungen einer genauen Prüfung unterziehen. Was die Außenpolitik anbelangt, so wird sich die neue Regierung um eine Verbesserung der Beziehungen zu allen unseren Nachbarn bemühen. Es sollte dieser Regierung auch keine Schwierigkeiten bereiten, die politischen Bedingungen für ein slowakische EU-Mitgliedschaft zu erfüllen. Es wäre ein großer Erfolg für die neue Regierung, würde die EU-Konferenz in Wien im Dezember 1998 der Slowakei signalisieren, daß die EU ihre Haltung ihr gegenüber geändert hat und daß es keine politischen Hindernisse mehr für eine beschleunigte Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Slowakei mehr gibt.

Für Österreich wird die neue Regierung ein berechenbarer Partner sein. Die neue Koalitionsregierung steht zur Inbetriebnahme des Kernkraftwerks von Mochovce. Österreich und die IAEA werden aber ausgiebig Zugang zu den Dokumenten, die die Sicherheit der Anlage betreffen, bekommen.

Der Wahlerfolg der oppositionellen slowakischen Allianz schließt an ähnliche Erfolge oppositioneller Allianzen in Rumänien, Bulgarien, Polen und Litauen bei den letzten Wahlen an. Das macht deutlich, daß in den postkommunistischen Ländern das ideologische Profil der politischen Parteien nicht von vorrangiger Bedeutung ist. Ihre Differenzen halten selbst gegensätzliche Parteien nicht davon ab, Wahlallianzen einzugehen, um die Postkommunisten zu schlagen. Das Paradoxe an der slowakischen Situation ist jedoch, daß auch die postkommunistische Partei mit der Allianz mitzieht, um Druck auf die autoritären Postkommunisten in der Meciar-Partei auszuüben.

Mit 84 Prozent Wahlbeteiligung gab es in der Slowakei das bisher größte Interesse an einem Wahlgeschehen. Diese Mobilisierung der Bürger ist ein weiterer Schritt, um die Slowakei auf den Weg zu einer stabilen Demokratie voranzubringen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung