„Die UNO stellt um auf robuste Friedenseinsätze“

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Generalmajor Johann Pucher zum künftigen Aufgabenspektrum für das österreichische Bundesheer bei Auslandseinsätzen, die österreichischen Kapazitäten und mögliche Einsatzräume.

Die Furche: Herr General, Österreich schickt seit 50 Jahren Soldaten in Auslandseinsätze – Schwerpunkt dieser Einsätze waren Stabilisierungsmaßnahmen. Gilt dieser Einsatzrahmen auch für die Zukunft?

Johann Pucher: Es ist davon auszugehen, dass sich Österreich, so wie in der Vergangenheit, nur an Einsätzen mit einem UN-Sicherheitsratsmandat beteiligt. Die Anforderungen in diesen Operationen werden aber sicher komplexer werden. Die UNO stellt immer mehr um auf sogenanntes „robust peacekeeping“.

Die Furche: Das bedeutet?

Pucher: Die Durchsetzung des zugewiesenen Mandats und den Schutz von Zivilpersonen und nicht bloße Überwachung von Waffenstillstandslinien. Also zum Beispiel Situationen, denen sich UN-Soldaten bei Konflikten am afrikanischen Kontinent stellen müssen. Das sind jene Operationen, die die UNO, aber auch die Europäer in den nächsten Jahrzehnten vorrangig beschäftigen werden. Da musste sich die Truppe schützen können, da musste sie sich situationsbezogen durchsetzen können. Sie muss sich gegenüber Banden, Kriminellen, Kindersoldaten etc. Respekt verschaffen können, sie muss auch Zivilisten und zivile Hilfskräfte schützen können. Das versteht die UNO unter „robust peacekeeping“. Und darauf werden wir uns einstellen müssen, will sich Österreich in Zukunft weiter an UN-Missionen beteiligen.

Die Furche: Es geht also in Richtung Kampfeinsätze?

Pucher: Nein, es geht für Österreich um Stabilisierungseinsätze, die in einem nicht unbedingt friedlichen Umfeld stattfinden und die komplexer werden. Reine Kampfeinsätze, wo Soldaten eingesetzt werden, um etwas gegen den Willen von Konfliktparteien strategisch zu erzwingen, Beispiel Afghanistan, sehe ich nicht als österreichische Option.

Die Furche: Derzeit wird dem Bundesheer im Inland schon die Funktionsfähigkeit abgesprochen. Haben wir überhaupt Kapazitäten für Auslandseinsätze?

Pucher: Derzeit haben wir rund 1000 Soldaten in Auslandseinsätzen eingesetzt. Es ist noch nicht so lange her, da waren es 1300, 1400. Wenn die österreichische Politik die Auslandseinsätze weiterhin als ein Instrument der Außen- und Sicherheitspolitik sieht, können wir nicht unter eine Schwelle runter, die uns international höchste Reputation gebracht hat. Ich hoffe, der Balkan wird auch aufgrund der europäischen Perspektive befriedet. Damit werden österreichische Kräfte vermehrt für andere Regionen frei.

Die Furche: Wo könnten diese eingesetzt werden? UNIFIL, der UN-Einsatz im Libanon ist im Gespräch.

Pucher: Für UNIFIL gibt es noch keine politische Entscheidung. Lateinamerika, der karibische Raum, Asien sind außerhalb des österreichischen Einsatzraumspektrums. Unsere Räume sind die EU-Nachbarschaft, der Balkan, der Nahe Osten. Und von der sicherheitspolitischen Logik, von den Trends und Erfordernissen her wird natürlich Afrika zunehmend ein potenzieller Einsatzraum.

* Das Gespräch führte Wolfgang Machreich

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