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Droht caritativen Institutionen der Ruin?

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Neben Liturgiefragen und dem Republik-Jubiläum 1995 beschäftigten jüngst die drohenden Folgen einer Änderung des Umsatzsteuer-Gesetzes die österreichischen Bischöfe.

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Neben Liturgiefragen und dem Republik-Jubiläum 1995 beschäftigten jüngst die drohenden Folgen einer Änderung des Umsatzsteuer-Gesetzes die österreichischen Bischöfe.

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Als „gleichbedeutend mit dem wirtschaftlichen Buin" stuft der Leiter der Arbeitsgemeinschaft der Ordensspitäler, P. Leonhard Gregotsch, in einem Brief an Bundeskanzler Franz Vranitzky die Folgen der Beform des Umsatzsteuer-Gesetzes ein. Für die Ordenskrankenhäuser sind jährliche Mehrbelastungen in der Höhe von 550 Millionen Schilling zu erwarten.

Immerhin 17 Prozent aller österreichischen Spitalsbetten befinden sich in konfessionellen Krankenhäusern. Während Spitäler, Alten- und Pflegeheime - wie andere gemeinnützige Sozialhilfeorganisationen -bisher einem begünstigten Steuersatz unterlagen und die Vorsteuern vom Finanzamt zurückbekamen, soll es nun gemäß EU-Bichtlinien zu einer sogenannten unechten Steuerbefreiung kommen, dafür aber soll die Vorsteuerrückvergütung wegfallen. Gemäß Gesetzesentwurf dürfte die Finanzverwaltung sogar die Vorsteuern für alle Investitionen in den letzten zehn Jahren zurückfordern, was bei den Ordensspitälern rund 3,5 Milliarden Schilling, bei der Caritas immerhin rund 200 Millionen Schilling ausmachen würde.

Caritas-Pressesprecher Wolfgang Bergmann erklärte gegenüber der FUBCHK, vor allem die Möglichkeit, rückwirkend Gelder einzufordern, widerspreche dem rechtsstaatlichen Grundempfinden. Die diskutierte Variante, das Gesetz in voller Härte zu beschließen, aber bei der Exekution Ausnahmen zu machen, sei vom Gesetzesverständnis „haarsträubend". Es wäre so, als ob man die erlaubte Alkoholmenge beim Autofahren von 0,8 auf 0,5 Promille senkte, gleichzeitig alle belangte, die in den letzen zehn Jahren mit 0,6 Promille erwischt wurden und schließlich eine Auswahl träfe, wem die Strafe erlassen werden könnte und wem nicht.

Es seien, so Bergmann, unbedingt Übergangsregelungen nötig, an einer Schlechterstellung der caritativen Institutionen — mit Folgen für das gesamte soziale Netz - dürfte aber kein Weg vorbeiführen.

Kein Wunder, daß bei konfessionellen und nichtkonfessionellen Einrichtungen mit gemeinnützigem Charakter die Alarmglocken läuten. Das Sekretariat der Österreichischen Bischofskonferenz hat in einem Brief an mehrere Begierungsmitglieder und .Vertreter der Parlamentsparteien vor den weitreichenden Folgen des geplanten Gesetzes gewarnt. Sollte die Begierungsvorlage ohne Übergangsregelungen oder flankierende Maßnahmen in Kraft treten, wäre die katholische Kirche „gezwungen, ihre Tätigkeit auf dem sozialen Bereich drastisch einzuschränken beziehungsweise vielfach aufzugeben".

Österreichs katholische Bischöfe hielten vorige Woche in Heiligenkreuz eine außerordentliche Versammlung ab. Der Sekretär der Bischofskonferenz, Michael Wilhelm, gab anschließend vier Pressemitteilungen heraus: zum Jubiläumsjahr 1995, zum Thema Wortgottesdienste an Sonn- und Feiertagen, zur Sakra-mentenspendung durch Laien und zum Interdiözesanen Schulamt.

Die Jubiläen 40 Jahre Staatsvertrag und 50 Jahre Wiedererstehen der Bepublik nehmen die Bischöfe zum Anlaß für einen festlichen Dankgottesdienst am 15. Mai 1995 im Wiener Stephansdom.

Da angesichts des Priestermangels nicht in jeder Pfarrkirche an allen Sonn- und Feiertagen Messen gefeiert werden können, erinnert die Bischofskonferenz an die Canones 1247

und 1248 des kirchlichen Gesetzbuches. Darin wird die Verpflichtung zum Meßbesuch festgehalten und für Fälle, wo die Teilnahme an einer Eucharistiefeier unmöglich ist, die Mitfeier eines Wortgottesdienstes „sehr empfohlen". Die Kommunion sollte „nicht einfach regelmäßig" gespendet werden, „um die wesenhafte Verbindung von eucharisti-schem Opfer und Sakramentenempfang nicht vergessen zu lassen und den Eindruck zu vermeiden, es handle sich hier um die volle Gestalt des sonntäglichen Gottesdienstes". Die Bischöfe betonen, es sollte „bei diesen Wortgottesdiensten die eu-charistische Anbetung einen unverzichtbaren Platz haben". Der Bischof sollte für die entsprechende Ausbildung von Wortgottesdienstleitern Sorge tragen.

Zur Sakramentenspendung legen die Bischöfe fest, „daß die Spendung der feierlichen Taufe (in Abgrenzung zur Nottaufe) sowie die Eheassistenz den Priestern und Diakonen vorbehalten bleibt", und sie stellen klar, daß die Krankensalbung nur dem Priester zukommt.

Der Wechsel in der geschäftsführenden Leitung des Interdiözesanen Amtes für Unterricht und Erziehung, dessen Chef „Schulbischof" Helmut Krätzl ist, wurde von der Bischofskonferenz bestätigt: Kanonikus Willibald Bodler (Graz) hat Prälat Leopold Wolf (Wien) abgelöst.

Wenige Tage nach dem Treffen der Bischöfe hat Michael Wilhelm in einer Erklärung zur Diskussion um den Paragraphen 188 des Strafgesetzbuches („Herabwürdigung religiöser Lehren") Stellung genommen. Die katholische Kirche sei bemüht, in den kommenden Monaten einen Gesprächsvorgang zum Thema „Freiheit des Glaubens -Freiheit der Kunst" einzuleiten. Mit diesem Gesprächsvorgang sollte ein „Dienst an einem guten und respektvollen Umgang der Menschen miteinander" geleistet werden.

Aus Sicht Wilhelms könne es „nur den Menschenrechten entsprechen, wenn der Gesetzgeber nicht nur die physische, sondern auch die geistige und geistliche Integrität der Bürger zu schützen bereit ist". Gesetzliche Strafbestimmungen seien zwar selbstverständlich keine Garantie für „den rechten Umgang miteinander", aber eine „wertvolle Hilfestellung", die nicht in Frage gestellt werden sollte.

Mit Hinweis auf den „größeren Horizont des Weltgeschehens", wo sich deutlich zeige, „wie die Verletzung religiöser Gefühle zu ernsthaften und gefährlichen Konflikten führen kann", betont Wilhelm: „Was anderen heilig ist, darf nicht verspottet oder verächtlich gemacht werden. Der recht verstandene -auch gesetzlich verankerte - Schutz dieser Werte kann in keinen Konflikt mit der Freiheit der Meinung und der Freiheit der Kunst geraten.'

„ Unbeleidigt sterben, prost!"

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